Der Samstag ist vielleicht der abwechslungsreichste Tag des Summer Breeze 2010. Be’lakor fegen die Schläfrigkeit der Festivalbesucher am dritten und letzten Festivaltag des Summer Breeze Open Air auf der Pain Stage ganz schnell weg. Die Sonne brät, und die treibenden Songs sind genau das richtige, um den verkaterten Festivalbesuchern nach einem anstrengenden Tag 1 und Tag 2 auf die Sprünge zu helfen. Die Australier locken schnell eine hübsche Schar aus ihren Zelten. Be’lakor überzeugen mit ihrem tollen Melodic Death Metal auf ganzer Linie.
The Foreshadowing haben die Langsamkeit erfunden und mischen düstere Melodien und stimmungsvolle Schwere zu einem erdrückenden, miesepetrigen Gebräu. Die Fans lauschen andächtig, Stimmung kommt dabei aber keine auf. Alle, die jetzt leicht verstört sind, wechseln vor die Pain Stage, um sich dort von Undertow trösten zu lassen. Die Hessen sind mit Spaß bei der Sache, heizen zu dritt ordentlich ein und ballern fette Riffs in die Runde, die von rauem, kräftigen Gesang begleitet für bessere Laune sorgen. Und dann ist die Stimme von Joschi wieder so verletzlich und die Gitarren gehen derartig unter die Haut, dass man heulen könnte – spitze! Die ersten Wasserduschen aus dem Feuerwehrschlauch sind auch schon wieder nötig.
Plötzlich gibt’s Gedränge vor der Main Stage. Was ist da los, keine Gitarren, nur Schubidu, aber Bomben-Metalstimmung? Van Canto spielen! Die Band besteht aus einem lupenreinen Metal-Drummer sowie vier Sängern und einer Sängerin, die mit metallischen Harmonien und vollem Einsatz das Publikum auf Betriebstemperatur bringen. Metal-a-cappella rockt! Neben den Eigenkompositionen begeistern auch die Cover von Grave Digger, Blind Guardian („Bard’s Song“) und Iron Maiden („Fear Of The Dark“). Die Freude der Fans zeigt, dass auf dem Festival 2010 einige Musikrichtungen zu kurz kommen!
Dieses Level können Psychopunch mit ihrem rotzigen Rock ’n Roll nicht halten. Das heißt nicht, dass Psychopunch keine tollen Nummern im Gepäck haben. Die Songs sind sogar richtig Klasse, grooven wie Sau. Nur die etwas arschige Punk-Attitüde hält die Fans zurück. Frei.Wild haben auf der Main Stage leichtes Spiel – Hände in der Luft so weit das Auge reicht. Jeder, der nicht gerade am Gerstensaft nippt, singt voller Inbrunst mit. Der deutschsprachige Punkrock trifft den Nerv, und viele scheinen auf den Frei.Wild-Gig beim Summer Breeze sehnsüchtig gewartet zu haben.
Jetzt wird’s schnulzig. Leaves‘ Eyes sind nur etwas für ganz Harte – oder sollte ich sagen, für ganz Zarte? Das monotone Gejammer von Liv Kristine muss ich mir nicht antun. Zeit für einen kleinen Snack. Eisbrecher haben danach Heimspiel, hämmern wuchtige Rhythmen ins Rund, werden aber von einer eher überschaubaren Menge abgefeiert. An den spaßigen Ansagen und dem Enthusiasmus der Band kann es nicht liegen. Auch Poisonblack gelingt es kurz darauf nicht so recht, das erschöpfte Publikum zu motivieren. Dafür klingt ihr Dark Metal wohl auch zu beliebig.
Dann geht’s auf der Party Stage weiter. Solstafir blasen mit ihren treibenden Songs und den wunderschönen, melancholischen Melodien frischen Wind durch das Zelt. Der Sänger mit dem unaussprechlichen Namen Aðalbjörn Tryggvason lässt sich zwar einen schönen Lemmy im Gesicht stehen, doch die Vermutung, dass die Band deshalb schnellen, dreckigen Rock ’n Roll spielen muss, ist falsch. Treibende, wunderschöne Klagelieder mit perfekten Spannungsbögen bauen die Isländer auf, die einfach nur ergreifend sind. Würden Muse Metal spielen, würde sich das so anhören. Das Publikum frisst der Truppe aus der Hand und wiegt die Köpfe wie in Trance. Volltreffer!
Rebellion bringen dann endlich nochmal Power Metal auf die Bretter von Dinkelsbühl. Und wer will schon auf einer der großen Bühnen spielen? „Ich hab dir gleich gesagt, das Zelt ist geil“, sagt Michael Seifert zu einem seiner Kollegen. Die Bühnenshow hat Schmackes und steckt auch die Fans an, auch wenn es jetzt leider nicht besonders voll ist. Aber die, die eingeweiht sind, feiern Rebellion gebührend ab. Wer sich derweil lieber die Sepultura-Coverband auf der Main Stage anschaut, dem kann nicht geholfen werden.
Jetzt mischen Manegarm ein seltsames Gebräu aus fetten Riffs, die mal an Black Sabbath, mal an Metallica erinnern und bauen noch ein paar hymnische Melodien und eine Geige ein, fertig ist der erstaunlich bekömmliche Eintopf. Ein wahres Trash-Feuerwerk entfachen Warbringer. Die jungen Wilden schmettern zackige Riffs in die inzwischen recht große Zuschauermenge, die sich im Zelt einfindet. Die energiegeladene Show greift sofort über und lässt ein paar Crowdsurfer aus der Menge purzeln. Überzeugender Auftritt! Maroon kommen ebenfalls super an, machen ordentlich Dampf und fordern das Publikum auf, den Laden zu zerlegen. Die Band stachelt die Leute wieder und wieder auf, nach der Wall of Death werden Moshpits gefordert. Die Menge rast und prompt gibt es Verletzte. Die Security zieht aufgeregt einen Fan aus dem Gewühl, der sich nicht mehr regt. Ein Schreckmoment, weil der Verletzte eine Weile komplett weg ist, sich dann aber offenbar wieder berappelt, aber erst mal von den Sanitätern durchgecheckt werden muss.
Schließlich dürfen Asphyx auf die Bretter, die Death mit schweren, langsamen Doom-Passagen mischen. Sie gönnen den Fans damit hin und wieder eine Pause, bevor es mit treibenden, stampfenden Riffattacken von vorn losgeht. Durch die Bremsmanöver entfalten die flotten Parts erst ihre volle Wirkung. Das Partyzelt ist anständig voll – offenbar haben viele noch nicht genug bekommen nach drei, vier Tagen Summer Breeze Festival. Ich jedenfalls gehe, wenn’s am schönsten ist.