Da ist sie nun, die achte CD der finnischen Vorzeige-Selbstmörder: Perfekter Gitarrensound, cooles Bassspiel, herrlich pessimistischer Gesang, diverse Keyboard-Einlagen abgemischt und verrührt zu einem Melodic-Death-Hardcore-Gothic-was-weis-ich-was-noch-Cocktail, bei dessen Sound man getrost die Knieschoner aus dem Schrank holen kann. Eine der besten CD’s des Jahres! Damit wäre das Essentielle gesagt. Was… ihr wollt’s ausführlicher wissen?! Ok, dann lest weiter…
Line-Up:
- Ville Laihiala: Gesang
- Miika Tenkula: Lead-Gitarre
- Sami Lopakka: Rhythmus-Gitarre
- Vesa Ranta: Schlagzeug
- Sami Kukkohovi: Bass
Tracklist:
- Konevitsan Kirkonkellot (Intro) – 1:40
- Cross My Heart And Hope To Die – 4:06
- Brief Is The Light – 4:23
- Neverlasting – 3:35
- Aika multaa muistot (Everything Is Nothing) – 4:33
- Excuse Me While I Kill Myself – 3:48
- Blood & Tears – 4:15
- You Are The One – 4:29
- Guilt And Regret – 3:44
- The Luxury Of A Grave – 4:44
- No One There – 6:13
Fangen wir bei dem instrumentalen Intro an: Hier haben Sentenced sich eines finnischen Traditionals bedient. Zuerst sind nur nächtliche Waldgeräusche (Friedhofsgeräusche) zu hören, mit denen die CD auch endet. (die CD wirkt, nicht zuletzt dadurch, sehr „rund“) Dann setzt die Leadgitarre „clean“, also ohne jeden Zerrfaktor, mit einer dezenten Melodie ein. Danach folgen die restlichen Instrumente (inklusive einer tiefen Kirchenglocke). Der Bass ist sehr dominant. Das Stück geht tragend in den ersten „echten“ Song über. Mein Tipp, Licht ausmachen und Boxen aufdrehen; einfach eine geniale Atmosphäre!
Der zweite Song beginnt ebenfalls mit einem „cleanen“ Zupfmuster auf der Leadgitarre (so ähnlich sind die meisten Songs auf der CD aufgebaut). Auch die Rhythmusgitarre spielt hier zuerst ein cleanes Zupfmuster. Erst im Refrain geht der Song wirklich auf die Trommelfelle, wobei die Leadgitarre immer noch clean die Melodie hinter den Lärm setzt, fällt kaum auf, macht aber viel aus (unbedingt darauf achten)! In der Zweiten Strophe fällt das Drumming auf. Gegen Anfang des letzten Drittels wird eine ruhige Passage eingeschoben. Der Song endet mit einem, in meinen Augen sehr guten, Solo.
Der Text handelt nach meinem Dafürhalten von einem Menschen, der sich selbst töten will weil er jemanden verloren hat, der ihm sehr viel bedeutete. Wie man die Metaphern jetzt ganz genau auslegt, muss aber jeder selber wissen.
Das Riff von „Brief Is The Light“ klingt zugegebenermaßen zuerst etwas eigenartig, was aber nichts Schlechtes heißt, es ist nur eben ungewohnt; und spätestens wenn die restliche Band einsetzt, sollten alle Vorbehalte vergessen sein.
Die Strophen sind im Balladentempo gehalten, erst im Refrain wird schneller gespielt. Auffallend ist hier, dass in Selbigem eine Akkustik-Gitarre spielt. Sonst ist der Aufbau in etwa mit dem ersten Song zu vergleichen, dennoch klingt es eigenständig.
„Nerverlasting“ ist mein persönliches Lieblingslied. Von vorne bis hinten bollern tonnenschwere Gitarrensounds durch’s ganze Lied. Der Bass in den Strophen klingt einfach nur genial! Das Solo ist spitze! Einzig am Anfang des letzen Viertels gibt es eine kurze „Verschnaufpause“ (eine ruhige Stelle, wie bei fast allen Liedern auf der CD), die ist aber im Namen der Ohren auch bitter nötig.
Der Text soll soviel aussagen, wie: Genieße dein Leben, scheiß auf das Risiko! Sterben müssen wir eh alle irgendwann. Aber wir hatten vorher unseren Spaß! Man könnte auch Problemlos Sprüche wie „Träume nicht dein Leben, lebe deine Träume“ oder „Freu dich mit dem, was du hast, anstatt dich immer über das zu ärgern, was du nicht hast“ auf den Text münzen!
„Everything Is Nothing“ soll anscheinend zur Erholung von „Neverlasting“ dienen. Jedenfalls handelt es sich hierbei um einen sehr ruhigen, andächtigen Song. Die erste Zeit sind nur Leadgitarre und die Rhythmusgruppe (Schlagzeug, Bass) zu hören. Untermalt wird das Ganze von dezenten Streichern. Erst etwa auf der Hälfte schaltet sich die, doch relativ ohrenbetäubende, Rhythmusgitarre ein. Es folgt bei gleichbleibendem Balladentempo ein wunderschönes Gitarrensolo bis der Song wieder in Streichern und cleaner Leadgitarre ausklingt.
Ohne Pause auf „Everything Is Nothing“ folgt dann „Excuse Me While I Kill Myself“, ein sehr schwarzhumoriger, geradezu sarkastischer Song. Musikalisch und vom systhematischen Aufbau her gibt es für alle, die sich meine Analysen von den 2. und 3. Lied durchgelesen haben, nix neues mehr (die Kompositionen sind natürlich alle Grundverschieden, allein im systhematischen Aufbau ähneln sich viele Lieder). Nur halt, dass auch dieser Song komplett eigenständig klingt und schlicht und ergreifend rockt; was soll man da zu der Musik mehr sagen.
Der Text ist das genialste auf der ganzen CD. Er bewegt sich irgendwo zwischen „Liebe ist Süß“ und „Ein guter Tag zum Sterben“ von J.B.O., nur viel fieser! Nach dem Motto: „Wisst ihr was: Ich bring mich jetzt um. Ich schieß mir ’ne kugel in den Kopf und wenn ich das getan habe, schmeiß ich mich hinter’n Zug, doppelt hält besser!“ Mit diesem Text nehmen Sentenced sich sozusagen selbst auf die Schippe und treiben ihr eigenes Klischée vom introvertierten Selbstmörder (das sie angeblich sehr stört) ironisch auf die Spitze.
„Blood And Tears“ schlägt (ebenfalls bündig an das vorhergehende Lied anschließend) musikalisch in die selbe, für diese CD schon typische, Bresche. Bleibt mir dediziert zu diesem Song nur zu sagen, das mir das Riff am besten gefällt (nach „Neverlasting“ natürlich) und dass man hier irgendwie am besten mitsingen kann, der Refrain geht von allen am besten ins Ohr!
„You Are The One“ ist ebenfalls „typisch“ aufgebaut, „wirkt“ aber insgesamt wieder etwas intensiver, was sicher auch daran liegt, dass Sentenced, sehr zu Gunsten der Atmosphäre, etwas Power aus dem Lied genommen haben.
Der Text handelt schlicht und ergreifend von einer Person, die einem Alles bedeutet, ohne die man keinen Sinn mehr im Leben finden würde. (ihr wisst schon, welche Person das ist) Ich denke, auf wen genau man den Text bezieht, muss jeder selber wissen, aber wiederfinden sollte sich wirklich jeder in dem Text!
„Guilt And Regret“ ist wieder ein sehr pessimistisch, melancholischer Song. Noch mehr als im vorhergehenden Stück hat die Band hier den Schädelspalter rausgenommen. Das Stück beginnt sehr Stimmungsvoll und geht so auch zu Ende! Verstärkt wird das Ganze durch ein kurzes Akkustik-Gitarren-Solo und durch diverse Klaviereinlagen.
Mit „The Luxury Of A Grave“ wandeln Sentenced dann wieder auf „Blood And Tears“-Pfaden. Zugegebenermaßen ein sehr einprägsames, da ungewohntes Intro, aber der Rest sollte bekannt sein: Gewohnt fettes Riff, cooles Solo (hier Gitarre und Bass!), super zum Mitsingen und natürlich ist auch dieser Song komplett eigenständig und langweilt nicht! (fragt mich nicht, wie die das hinbekommen haben, dass Alles so gleich und doch individuell klingt)
Den Abschluss auf der CD macht „No One There“ (dieser Song war auch die Singleauskopplung, es gibt ein Video als Stream auf der Homepage zu begucken). Hierbei handelt es sich um eine sehr schöne Midtempo-Ballade (ich hoffe, die Liedart gibt es überhaupt, aber wenn es sie gibt, stelle ich mir eine Midtempo-Ballade genau so vor). Das Lied beginnt mit einem dezenten Gitarren-Intro und bleibt auch während des Refrains eher zurückhaltend, obwohl die Gitarren aus dem Vollen schöpfen, was Lärm angeht. Über fast das Ganze Lied hindurch ist eine Klaviermelodie im Hintergrund zu hören, mit der es auch sehr stimmungsvoll und passend ausklingt. Danach endet die CD wieder mit den nächtliche Wald- bzw. Friedhofsgeräuschen… auch wenn’s gegen Ende nicht mehr wirklich solche sind…
Produziert wurde die CD von keinem Geringeren als Hiili Hiilesmaa. Um aber eventuelle Parallelen zu HIM im Keim zu ersticken, möchte ich hier Sami Lopakka zitieren: „Unseren jetzigen Stil kann man bis zur Amok-Scheibe 1995 zurückverfolgen. Damals gab es HIM noch gar nicht! Unseren Stil haben wir von Album zu Album bewahrt. Insofern ist es ganz schön frustrierend, mit viel jüngeren Bands verglichen zu werden. Außerdem sind HIM ja wesentlich stärker eine Girlie-Combo als wir!“ Recht so! :-D ;-) (Quelle: Metal Heart Juli/August 2002, Seite 43)
Manuel