Als ich Rainald Grebe das erste Mal live sah, war das 2005 im Wuppertaler Rex-Theater vor vielleicht 50 bis 60 Zuschauern. Ein Mann am Klavier, melancholisch, tragisch, komisch, urwitzig-wirr sowie unglaublich viele weitere Adjektivkonstruktionen. Im Jahr 2011, also nur sechs Jahre später, füllt Rainald Grebe ganze Hallen mühelos aus. Und nach zahlreichen Touren alleine und mit Martin Bauer und Marcus Baumgart, der Kapelle der Versöhnung, wird es jetzt noch ein Stückchen größer. Passend dazu gibt es seit dem 4. Februar das passende Album: „Rainald Grebe & Das Orchester der Versöhnung“.
Tracklist:
- Angeln
- 20. Jahrhundert
- Auf Tour
- Prenzlauer Berg
- T.I.A
- Diktator der Herzen
- Mike aus Cottbus
- Rolf
- Sachsen-Anhalt
- Oben
- Lonely Planet
- Letzter Tag
- Es ist gut
Beim Orchester der Versöhnung neben Baumgart und Bauer mit dabei: Hammondorganist Buddy Casino, an Bass, Balalaika und Alphorn Serge Radke, der DJ Smoking Joe sowie ein Streichquartett. Das führt ganz automatisch zu einer prima Erweiterung der musikalischen Ummantelungen. Textlich gibt es gewohnt witzige, bissige und tragischkomische Grebekost. Dabei geht Rainald Grebe häufig induktiv ans Werk – wie man es von ihm gewohnt ist; Gewöhnlichkeit sucht man ohnehin vergebens.
Nach Brandenburg, Sachsen und Thüringen kriegt diesmal Sachsen-Anhalt sein Fett weg. Ein Land, bei dem durchaus die Frage bestand, was man dazu bloß schreiben sollte. Zudem besingt Grebe unter anderem den Prenzlauer Berg („Schwarz-Grün wird die Republik, hier ist sie es schon“), das 20. Jahrhundert und stellt einen klassischen Afrikadiktator vor, wobei auch die „Erste Welt“ nicht ungeschoren davon kommt. Für Fans erfreulich: Wieder einmal ist das Lied „Es ist gut“ mit von der Partie, bei dem die Streicher eine wunderbare Bereicherung sind, wenngleich auch diese Version nicht an die ursprüngliche Klaviervariante heranreicht.
Überhaupt zum Klavier: Grebepuristen werden es zweifelsohne vermissen. Aber bleibt sich der Künstler treu, darf man sich ja alsbald auf ein neues Klavieralbum freuen. Vielleicht ist Grebe 2011 – vor allem wenn man „Rainald Grebe & Das Orchester der Versöhnung“ mit seinem Debutalbum „Das Abschiedskonzert“ vergleicht – ein klein wenig mainstreamiger geworden. Allerdings ohne dabei seinen typischen, zweifellos einmaligen und großartigen Stil zu verlieren. Wo es Kritik zu äußern gibt, so ist sie auf enorm hohem Niveau. Es bleibt Grebe weiterzuempfehlen und das Album jedem Musikfreund ans Herz zu legen.