Cover: Normahl - Friede den Hütten, Krieg den Palästen

NoRMAhl – Friede den Hütten, Krieg den Palästen

Cover: Normahl - Friede den Hütten, Krieg den Palästen

Vor 35 Jahren taten sich ein paar 13- und 14-jährige Schüler zusammen und gründeten NoRMAhl – zum Glück. Nicht nur für mich waren NoRMAhl immer eine der Bands des Deutsch-Punk, egal ob es dabei um politische Lieder oder um Sauflieder ging. Müsste ich fünf Bands nennen, die für meinen Musikgeschmack (der sich ja massgeblich während der Pubertät entwickeln soll) verantwortlich zeichnen, dann wären NoRMAhl dabei. Viele meiner ersten Konzertbesuche wurden nach dem Tourplan dieser Band ausgerichtet und mein erstes Band-Interview führte ich mit ihnen (damals noch für die Schülerzeitung und per Brief – wir hatten ja nix, schon gar kein Internet, so lange ist das her). Aber das soll jetzt kein „Früher™ war alles besser“-Text werden, denn nicht alles war früher besser: NoRMAhl sind heute mindestens noch so gut wie damals.

Das Debüt „Stuttgart über alles“ erschien bei Mülleimer Records, wie auch das erste Album im Folgejahr: „Verarschung total“, welches 31 Jahre später zusammen mit dem Album „Ein Volk steht hinter uns“ und den Songs „Bullenschweine“ und „Ich entführ ein Kind“ indiziert. Dem voraus gegangen waren Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen bei den Band-Mitgliedern. Man mag das als Schikane betrachten, gerichtlich wurde diese Aktionen als „rechtswidrig und illegal“ bezeichnet.

1996 trennten sich NoRMAhl, man hatte sich nach 18 Jahren, einem Major-Deal und ausgiebigen Touren „rechtschaffen satt“: „Es war wie in einer Ehe – du bist 30, 40 Tage unterwegs, du hockst dauernd aufeinander und teilst den immergleichen Alltag aus Bühne, Hotel, Party, Busfahrt, Bühne, Hotel…“. Bis zum Jahr 2002 dauerte die NoRMAhl-Pause, die Sänger Lars Besa mit seinem Solo-Projekt L.A.R.S. überbrückte. Anlässlich der Gespräche über Zweitverwertungsrechte wurde ein Kasten Bier geleert und beschlossen, dass man wieder gemeinsam Musik machen müsse. Das Ergebnis war das Album „INRI 21“, 2003 folgt das Best-Of „Das ist Punk“ zum 25-jährigen Jubiläum und 2005 das Album „Voll Assi“. Im Jahr 2010 kamen Film und Soundtrack „Jong`r“, mit dem sich die Band ein eigenes künstlerisches Vermächtnis setzte und am kommenden Freitag folgt nun endlich ein neues Album: „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“.

Die Hälfte der Songs auf dem Album sind Eigenkompositionen, die andere Hälfte normahle Neuinterpretationen Reinhard Mey, Hannes Wader oder Georg Kreisler. Die Pressinfo nennt das Album einen satten „Linksschuss ins Herz aller rechtspopulistischer Gleichgültigkeit, ein kreatives Plädoyer für kulturelle Freiheit“. Man könnte es auch einfach als ein NoRMAhl-Album bezeichnen. Musikalisch hat sich die Band in den letzten 35 Jahren natürlich weiter entwickelt, aber die Wut auf alles, was schief läuft in diesem Land und auf dieser Welt ist geblieben. Es ist ja leider auch nicht so, dass inzwischen alles eitel Sonnenschein wäre, Grund für Wut gibt es heute sicher nicht weniger als vor 35 Jahren.

Wie immer bei NoRMAhl gehört es auch bei diesem Album dazu, die Texte sehr genau zu hören. Man wird sich dann immer wieder dabei ertappen, heftig mit dem Kopf zu nicken, auch wenn so manche Textzeile vielleicht etwas spät kommt, andererseits passen die Zeilen „Ich will nicht Schreien, ich will nicht Jubeln für ein Land, das mich nicht liebt – denn ein Vaterland kann mir nur sein ein Land wo es Freiheit gibt“ auch noch bei den in Zukunft folgenden Fussballweltmeisterschaften.

Tracklist:

  1. Dieser Sänger braucht nur ein Chanson 3:13
  2. Freiheit 4:23
  3. Söldner 4:56
  4. Kapitalistenlied 2:24
  5. Es ist an der Zeit 4:29
  6. Es Es Es und Es 4:36
  7. Das Narrenschiff 5:43
  8. Landjugend 3:45
  9. Sommer 3:38
  10. Ab Morgen hab’n wir Geld 2:22
  11. Spass 2:25
  12. Alter Junge 4:36

Es ist ein neues NoRMAhl-Album, was soll ich da schon für eine Wertung vergeben, wenn nicht 10 von 10 Punkten? Eben. Und wer schon früher nichts mit NoRMAhl oder Deutsch-Punk anfangen konnte, der wird auch an diesem Album sicher wieder reichlich zu meckern haben. Na dann macht doch – ich höre mir die Songs jetzt einfach noch einmal an und weil ich gerade dabei bin, lege ich mir die alten Sachen auch gleich noch mal in die Playlist…

NoRMAhl: 
Friede den Hütten, Krieg den Palästen
Unsere Wertung: 100%
Friede den Hütten, Krieg den Palästen 
wurde am 10. April 2015 
über D7 (Membran) 
veröffentlicht.
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