Das mittlerweile 11te Studioalbum bringen die Blödelmetaller aus Franken in diesem Jahr raus und sie nennen dieses Werk dann der Einfachheit halber „11“ (in Worten: Elf). Glücklicherweise ist das aber nicht die Trackanzahl, sonst wäre das Album auch ein wenig kurz geworden. Die „rockende Kreuzung eines Paradiesvogels und eines Chameleons“ (so die Presseinfo von AFM – ein wenig rätselhaft bleibt, ob mit „Chameleon“ das deutsche „Chamäleon“ gemeint ist oder das fünfte Studioalbum von Halloween – passen würde ja beides irgendwie ;) ) haben auf diesem Album wieder mal mehr Coverversionen untergebracht, aber egal ob Cover oder J.B.O.-Eigenkomposition: Alles voller Blöedsinn.
Tracklist: J.B.O. – 11
- Einzähler
- Wir lassen uns das Blödeln nicht verbieten
- Panzer Dance
- Metaller
- Ich hätt gern mehr
- Autowerkstatt
- Wacken ist nur einmal im Jahr
- Verliebt
- Jetzt ist halt heut
- Marilyn Manson
- Fünf Minuten
- Har Har Har
- Nürnberg Groove
- Rapper
- Söderla!
- Alkoholprobe
- M.F.N. for J.B.O.
Nach dem Einzähler geht es auch direkt los mit dem Thema Blöedsinn: „Wir lassen uns das Blödeln nicht verbieten“. Es geht hier um diese seltsame Auffassung vieler Menschen in Deutschland, dass Kunst nur dann Kunst wäre, wenn sie Menschen zum Weinen bringt – wer Menschen zum Lachen bringt sei kein Künstler, sondern ein Blödler. Kann man so sehen, J.B.O. lassen sich von solchen Ansichten nicht beeindrucken. Sozusagen der musikalische Stinkefinger für alle „Ihr blödelt doch nur“-Kritiker.
Es gab in der Geschichte der Musik sehr viele, sehr dumme Ideen. Zu einer der dümmsten Ideen dieser Geschichte zählt meiner Meinung nach immer noch die Idee einen Song aus den Namen verschiedener Fast-Food-Ketten zu machen und das Ding dann „Burger Dance“ zu nennen. Keine Ahnung, was man daran finden konnte. J.B.O. haben daraus dann den Anti-Kriegs-Ohrwurm „Panzer Dance“ gemacht, bei dem man auch noch lachen muss. Das war beim ersten Durchhören des Albums mein Fehler: Gerade vor dem Rechner sitzend Kaffee zu trinken, als dieser Song anfing, da hätte nicht viel gefehlt und der Kaffee wäre auf direktem Weg auf das Display geprustet worden.
Kennt noch jemand Lucilectric? Sie hatte 1994 einen großen Hit, dem auszuweichen damals einfach unmöglich war. Der Song hieß „Mädchen“ und es drehte sich darin um die vielen Vorteile, die Mädchen eben so hätten oder haben (ich kann das schlecht beurteilen, ich war nie ein Mädchen) und der Refrain ging so:
Mir geht’s so gut, weil ich ’n Mädchen bin, weil ich ’n Mädchen bin
komm doch mal rüber mann und setz dich zu mir hin
weil ich ’n Mädchen bin, weil ich ’n Mädchen bin
keine Widerrede mann, weil ich ja sowieso gewinn, weil ich ’n Mädchen bin
Okay, ihr wisst nun worum es im Original ging, ihr kennt J.B.O. und die rosa Coverversion heißt „Metaller“, muss ich dazu noch mehr sagen? Danke dafür!
In „Ich hätt gern mehr“ beschäftigt sich die Band mit einem wirklich ernsthaften Problem, das wir alle doch kennen, schließlich hätte fast jeder gern mehr von irgendwas. Wobei das „irgendwas“ in diesem Song genau eine Sache ist: Geschlechtsverkehr. Diesem Song folgt dann eines der berüchtigten Zwischenspiele, ohne die kein J.B.O.-Album auskommt. Es lohnt sich in der Autowerkstatt mal genau hinzuhören (und später den Hidden Track abzuwarten).
„Wacken ist nur einmal im Jahr“ die Metal-Version des Ballermann-Schlagers „Malle ist nur einmal im Jahr“. Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Refrain nicht nur dieses Jahr in Wacken auf dem Campingplatz sehr häufig und sehr laut zu hören sein wird – und für andere Festivals auch in variierten Fassungen zu hören sein wird. Zu diesem Song wird es auch ein Video geben, ein entsprechender Aufruf für passendes Bild- und Video-Material ging an die Fans.
Anschließend ein Liebeslied, das wohl dem demographischen Wandel in der Band geschuldet ist. Irgendwann ist man in einem Alter, da bedeutet „Verliebt“ zu sein eben nicht mehr nur Schmetterlinge im Bauch und rosarote Brille, sondern man erinnert sich zu deutlich an alles das, was nach dieser Phase folgt – zugegeben, dies ist keine Frage des biologischen Alters, sondern eher eine Frage der Anzahl an Verliebt-Phasen mit entsprechendem Nachspiel, bei manchen geht so was ja ziemlich schnell. Da ist dann die Frage durchaus berechtigt: „Fuck, ich bin verliebt, das kann doch jetzt echt nicht mein Ernst sein…?“ Und weil wir gerade beim demographischen Wandel sind, wird es im nächsten Song nochmal etwas nostalgisch: „Jetzt ist halt heut“. Wobei der Song es schafft die Brücke zwischen Nostalgie und Blick in die Zukunft zu schlagen.
Nachdem endlich die Frage geklärt wird, warum „Marilyn Manson“ sich diesen Namen gegeben hat und was das mit Pippi Langstrumpf und dem Räuber Hotzenplotz zu tun hat, geht es musikalisch weiter zu einem weiteren Problem des Alltags: „5 Minuten“. Ob der Wecker klingelt, die Kneipe schließt oder was auch immer, jeder kennt das. Nur noch 5 Minuten, nicht länger, ehrlich. Und dann werden daraus zwei Stunden. Tipp für alle Betroffenen: Dank Albert Einstein wissen wir ja, dass alles relativ ist, also auch die Zeit – wer sollte dir also einen Vorwurf daraus machen, dass sich für den Rest der Welt deine 5 Minuten wie 2 Stunden anfühlen? Eben :)
Bei „Har Har Har“ hoffe ich ja live auf entsprechende Kostümierung der Band im Look von ZZ Top, von denen das Original „La Grange“ ist. Ein sehr schönes Stück über Schadenfreude haben J.B.O. daraus gemacht. Es folgt eine Hymne auf die Franken-Metropole Nürnberg, der „Nürnberg Groove“, verdient hat es die Stadt, auch wenn 3/4 der Band nach Aussage von Ralph keine Ahnung von der großen Stadt haben, kommen sie doch kaum aus Erlangen raus ;)
Nach einem Gespräch über bekannte „Rapper“ folgt dann „Söderla“ mit dem Gaststar Markus Söder, in diesem Fall aber nicht das Original, mit dem Ralph früher mal die Schulbank drückte, sondern der deutlich unterhaltsamere Joe Heinrich mit seiner aus der Sendung quer bekannten Söder-Puppe. Tatsächlich nicht mein Favorit auf dem Album, so ein bisschen wirkt der Song tatsächlich mehr wie die Aufarbeitung eines Traumas, der Frage, wie aus Ralphs früheren Schulkameraden Markus Söder der CSU-Chefpopulist Markus Söder werden konnten. Die Geschichte eines Abstiegs…
Nach der „Alkoholprobe“ greifen J.B.O. zum Abschluss des Albums in „M.F.N. for J.B.O.“ ein bisschen das Grundthema des ersten Songs wieder auf, wenn auch aus einer etwas anderen Richtung und anders interpretiert, so ist die Botschaft doch ähnlich. Scheiß auf Radio, Fernsehshows und überhaupt alles – wenn man Spaß mit J.B.O. haben kann. Ein feiner Abschluss (vom Hidden Track mal abgesehen, zu dem ich jetzt mal nichts schreibe).
Klar, ich bin natürlich irgendwie voreingenommen, das will ich gar nicht bestreiten, aber es ist auch wirklich ein verdammt rundes Album geworden (und ich meine damit nicht die Form der CD). Kein Song, der es nicht in meine 5-Sterne-Playlist bei iTunes geschafft hat, schmerzende Gesichtsmuskeln vom Grinsen und Lachen beim Hören – so muss ein J.B.O.-Album sein. 10 von 10 Punkten, auch wenn 11 natürlich viel besser aussehen würden. „11 Punkte für 11“ würde einfach besser klingen, bei „10 Punkte für 11“ bleibt der Eindruck, es würde was fehlen – tut es aber nicht.
Das Album wird es in verschiedenen Varianten geben: Vom Download ohne Extras (iTunes(*)), über die einfache CD, Digipack, Box-Sets und auch als „Gatefold Split-Colour Vinyl“ (Amazon(*)) ist alles dabei, was Fans glücklich macht.