„Deutschrock mit Herz und Verstand aus Kaiserslautern“ – Musikfans, die hier immer fleissig mitlesen können sich wahrscheinlich denken, um wen es hier geht. Markus Pfeffer, den man eigentlich von „Winterland“ kennt, veröffentlicht am 20.07.2018 sein erstes Soloalbum „All die Jahre“(*). „Dreißig Jahre lang Rockmusiker“ hätte eigentlich genauso gut gepasst, denn dieses runde Jubiläum feiert Markus Pfeffer im Jahr 2018. Eine lange Zeit, in der man eine Menge Erfahrungen und Ideen sammeln kann!
So haben sich gerade in den letzten Jahren immer mehr Songs angesammelt, die aus verschiedenen Gründen nicht so recht zu Markus‘ Stammband „Winterland“ passen wollten. Also stellte er kurzerhand in einem ersten Schritt die 10 besten Songs für ein denkbares Solo-Album zusammen.
Die Texte bis auf eine Ausnahme – und zwar „Viel zu heiss“ – stammen allesamt aus seiner Feder und neben Gitarre, Bass und Keyboards übernahm er nun auch den Lead-Gesang selbst. Eine echte Premiere, denn auch wenn er seit mehr als zehn Jahren für sämtliche und mitunter sehr aufwendige Chor-Arrangements bei Winterland verantwortlich war – die Rolle des Leadsängers ist neu.
Tracklist:
- Irgendwann
- All die Jahre
- Lass mich in Ruh’
- Zeit zu träumen
- Inspiration
- Viel zu heiss
- Entleide dich
- Lasst Gitarren reden
- Bereit
- Neubeginn
30 Jahre sind eine lange Zeit – all die Erfahrungen und Ideen müssen irgendwann raus und wollen verarbeitet werden. Und genau das hat Markus in den Texten des Albums getan. Auch wenn man sonst eigentlich sofort Winterland wieder erkennt, so ist das bei diesem Album erstmal nicht der Fall. Das ändert sich allerdings schnell.
Denn der Opener „Irgendwann“ beginnt mit einem Intro, was auch locker aus einem Song aus dem Industrial-EBM-Bereich stammen könnte, geht aber schnell in ein typisches Winterland-Riff über mit einer sehr stark betonten Basslinie und einem schmissigen Refrain. Und dann sind wir schon bei Markus Pfeffers Gesang, den man ja normalerweise eher in den Chören und Backing-Vocals wieder findet. Diesmal aber als Lead-Gesang. Ungewohnt, anders, aber sympathisch und man gewöhnt sich sehr schnell an den etwas anderen Klang. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – hier wird einem die Umgewöhnung aber sehr leicht gemacht.
Mit „All die Jahre“ kommt dann auch schon der Titelsong des Albums. Leicht wehmütig aber auch mit Stolz blickt Markus auf die ganzen Jahre zurück, die er durchlebt hat. Es hat sich einiges geändert, man verhält sich heute anders als damals, aber man hat natürlich eine Menge Erfahrungen und Erinnerungen gesammelt und denkt auch gerne an früher zurück. Geht uns doch fast allen so, oder? Ein Video gibts auch dazu und zwar wieder von Kreativ-Kopf Jürgen Walzer.
Von Nostalgie zu einer leichten Aggression. in „Lass mich in Ruh’“ kann sich jeder mal seine Wut von der Seele singen und auch Markus zeigt hier, wie wandlungsfähig seine Stimme ist. Eine Rocknummer mit Wumms.
Sehr Bass-dominant geht es auch bei „Zeit zu träumen“ zu und da ist es wieder: Das Winterland-Klavier – wie ich es immer nenne. Die typische kleine Sequenz, die so vertraut ist, wenn man sich mit Winterland auseinandergesetzt hat. Ich gebe zu, der Sprech-Part im Song ist immer noch etwas gewöhnungsbedürftig, transportiert aber genau das was er bezweckt: Man fühlt sich angesprochen.
Das Instrumentalstück „Inspiration“ holt einen mit Klavierklängen dann so langsam aus der Traumwelt zurück, gibt uns aber noch ein wenig Zeit, uns zu entspannen und einfach mal zuzuhören.
„Viel zu heiss“ entlockt Pfeffer wieder eine ganz andere Gesangsart. Von fast schon geflüstert bis hin zu einem klaren und weniger rauchig klingenden Gesang. Die eingängige Melodie wird vom Bass getragen und der Refrain darf wieder mit starken Gitarrenriffs glänzen.
„Entleide dich“ ist einer meiner Lieblingssongs auf der Scheibe. Schluss mit dem Gejammer – jeder ist seines eigenes Glückes Schmied. Nimm Dein Leben in die Hand und fange an, Deine Träume zu verwirklichen. Und das alles wieder mit eingängiger Melodie und frechen Gitarren.
Und bei Gitarren bleiben wir jetzt auch, denn gleich nach dem schmissigen Drum-Intro wird gerockt. Weg mit künstlich produzierter Musik, zurück zu ehrlicher Gitarrenmucke. Das ist die Kernaussage des Songs. Markus diskutiert ja immer gerne mit, wenn es um Themen wie Musikbusiness und Mainstream geht. Jetzt hat er den Song dazu geschrieben.
„Bereit“ ist ein spannender Song, der anfangs eher ruhiger und poppiger anfängt, sich aber gegen Ende fast schon in den Hard-Rock-Bereich katapultiert.
Und zum Schluss gibt es wieder einen tollen Instrumentalsong zum Runterkommen. Diesmal mit Akustikgitarren.
Wer Markus ein wenig kennenlernen will, der kauft sich das Album und hört sich die Songs an. Textlich und musikalisch bietet das Album eine Reise durch Markus‘ Gefühlswelt, seine Gedanken und musikalischen Ideen und Einflüsse. Eine Art musikalischer Fingerabdruck – irgendwo zwischen üblichen Schubladen und verwurzelt im Rock und Pop Bereich mit deutschen Texten. Anders als Winterland, aber dennoch unverkennbar Markus Pfeffer. Ich persönlich bin natürlich allein schon durch die lange Freundschaft mit Markus mit der Platte verbunden, bleibe aber durchaus kritisch. Davon lebt die Musik und ich bin immer wieder gespannt, mit welchen neuen Ideen er demnächst wieder um die Ecke kommt ;-)