Nachdem die üblichen Begrüßungsfloskeln abgehakt, der Tisch immer noch wie nach einem Atombombeneinschlag bzw. wie in einer Männer-WG nach drei Wochen Leben aussah und ich mich unter diesen Umständen nicht in der Lage sah, etwas zu mir nehmen zu können begann das lustige Frage- und Antwortspiel. In einem schönen, idyllisch an der Hauptstraße gelegenen Cafés, irgendwo in Berlin, sollte ich die blassen 4 treffen, auf neudeutsch Pale , um mit ihnen über ihr neuestes Schaffenswerk How to survive chance zu philosophieren und es mit ihnen hochleben zu lassen. Eigentlich sind The pale four, wie man dem Namen entnehmen kann nur VIER, doch es sollte sich herausstellen, dass diese anscheinend nicht gern allein ausgehen, um sich von neugierigen Journalisten löchern zu lassen und so hatten sie trotz ihrer Volljährigkeit noch etliche Aufpasser bei sich, die sich dann auch ganz ungefragt in UNSER Interview einmischten. Ttttzzee, die Leute von heute…
Da der Tisch oder vielmehr die Habseligkeiten auf ihm schon fast lebendig aussahen und mich anzulächeln schienen, ließ sich eine Frage diesbezüglich nicht vermeiden. Was sie an solchen Promotagen nicht mochten, wollte ich wissen und war überrascht, denn obwohl schon das Vorgängeralbum Razzmatazz (The arts at the sand) mit Erfolgen nicht geizte und How to survive chance das nunmehr vierte Palewerk darstellt, so betrat man hiermit tatsächlich Neuland.
Christian: „Gar nichts, momentan gar nichts, da es das erste Mal ist, dass wir das mitmachen. Weil man jetzt auch mal mitkriegt, wie die Leute sich Gedanken machen über die Platte, die Band“.
Um ihren neuesten Schatz auch ordentlich ins rechte Licht zu rücken spielten sie eine kleine Promotour, deren Konzerte sich eigentlich nur durch ihre Länge zu anderen herkömmlichen unterschieden.
Holger: „Wir sind in der Bringschuld, wir müssen länger spielen. Auf unseren anderen Konzerten haben wir 30-35 Minuten gespielt. Und gestern [das Releasekonzert in Hamburg stand Tags zuvor auf dem Programm Anm. d. A.] haben wir es auf 70 Minuten gebracht. Und es ist schon so, dass man sich dessen bewusst ist, dass da Leute hinkommen, die, na ja nicht mehr erwarten, aber einen etwas besonderen Abend haben wollen, als bei den anderen Konzerten, die wir in Berlin gegeben haben. Und wir wollen ja auch ein bisschen auf die neue Platte hinweisen“.
Bevor wir uns jedoch jener nähern konnten, wollte ich noch wissen, was den Jungs ihre Freude am Spielen nehmen kann, was das sonst positive Gefühl auf der Bühne beeinträchtigen kann.
„Wenn die Bühne zu groß ist und wenn man zu weit auseinander steht“ schallt es von allen Seiten auf mich ein.
Holger: „Und wenn dann vom Publikum wenig kommt, dann ist es schwierig für uns. Weil wir halt nicht auf diese Standarts zurückgreifen, wie man dann Leute in dem Punkt eines Konzertes mitreißen kann. Ich meine das gibt es ja, so Bands, die dann einen Abend eher nach ihren Möglichkeiten und Wünschen gestalten können.“
Hilly: „Irgendwann gehen dir auf einer großen Bühne aber auch die Ideen aus“.
Und noch immer lachend bringt es Christian dann auf den Punkt: „Die ganze Akrobatik geht dann den Bach runter.“
Nach ein paar Minuten Break kann die Konversation auch fortgeführt werden, ich dachte ja immer ich bin albern…
Konzi Tip: „Das klingt ja fast so, als ob ihr gar nicht in großen Hallen spielen wollt???“
Holger: Vielleicht geht es auch so anders. Wir haben ja diese Jimmy Eat World Sachen gemacht [sie waren 2001 mit den Jungs auf Tour Anm. d. A.] vor 600, 700 Leuten da geht es natürlich auch, aber so ein Festival. Es hat natürlich auch immer damit zu tun, wenn die Leute dann eh schon vor der Bühne stehen, dann ist es natürlich auch einfacher“. Und mit einem Augenzwinkern: „Sie sind in einem Pulk und können nicht rausgestellt werden.“
Auf der Verunsicherung #11 schien ja all das kein Thema gewesen zu sein, vor und auf der Bühne herrschte eine fantastische Stimmung. Aber was für einen Eindruck hat den die Band selbst von solchen ‚von der Szene für die Szene‘ Festivals?
Konzi Tip: „Werden sie dem Taubertal oder Immergut vorgezogen?“
Holger: „Es gibt ja solche und solche. Es gibt natürlich auch Festivals, da fragt man sich, warum es die gibt. Jetzt nicht unbedingt die auf denen wir gespielt haben. Verunsicherung war natürlich das Ding, was ich sehr gut fand, dass nicht so die Masse an Leuten da war. Aber ich glaub, dass es die Leute die da waren halt interessiert hat, was passiert. Wie Tomte und Favez. [Favez standen jubelnd und rufend in der ersten Reihe und wurden zwischenzeitlich für Publikumsannäherungsversuche missbraucht Anm. d. A], da fühlt man sich auch einfach wohler. Und Taubertal, das ist einfach eine ganz andere Größenordung. Es ist natürlich schön, wenn man eine Menge Leute anspricht, aber Verunsicherung war so ein Festival, an das wir uns gerne erinnern, weil es halt ein guter Abend für uns war.“
„Ein sehr guter Abend“ pflichtet auch Christian bei.
Holger: „Und manchmal ist es dann eben diese intime Atmosphäre, die uns eben wichtig ist. Die ist natürlich dann eher herzustellen, weil weniger da sind oder wenn die Kapazität nicht so groß ist“.
Anschließend wurde über die gesangliche Gabe eines jeden, vor allem jedoch die von Holger lautstark und oft durch Lachsalven unterbrochen diskutiert. Um mir und auch den anderen (jedoch vor allem mir) gewisse Peinlichkeiten und unnötige Kommentare zu ersparen, sei als Fazit hier festgehalten das auf den Gesang sehr viel Wert gelegt wird. Er soll verständlich und zu verstehen sein und aus diesem Grund werden gewisse Passagen nie den Proberaum verlassen…
Und am Ende Holgers schönster Beitrag zu diesem Thema: „Aber das ist ja von der Natur auch so vorgegeben.“ Wenn es hilft…
Im zweiten Teil erfahrt ihr alles wissenswerte über das neue Album How to survivechance, den Grund des Musikerdaseins von Pale und ihre persönlichen Einschätzungen diesbezüglich. Außerdem werde ich den Schleier des Schweigens brechen und über den Ausflug nach dem Berliner Konzert in den Sage Club und das große Entsetzen über das Übel dieser Welt berichten.
Dieses Interview entstand in Zusammenarbeit mit Konzi-tip.de