Das neue Album der Guano Apes hat lange auf sich warten lassen – als eigentlicher Release Termin war Sommer 2002 angesetzt, letztlich hatten sich die Arbeiten an der neuen Scheibe aber bis ins neue Jahr gezogen, so dass man sie erst im Februar 2003 in die Läden bringen konnte. Als Vorab-Single mit gelungenem Video kam der Album-Opener „You can’t stop me“ zum Zug – dem folgten die „Pretty in Scarlett“ und „Quietly“ als Single-Auskopplungen.
Band:
- Sandra Nasic: Vocals
- Dennis Poschwatta: Schlagzeug
- Stefan Ude: Bass
- Henning Rümenapp: Gitarre
Tracklist:
- You Can’t Stop Me
- Dick
- Kiss The Dawn
- Pretty In Scarlet
- Diokhan
- Quietly
- High
- Sing That Song
- Scratch The Pitch
- Plastic Mouth
- Storm
- Sugar Skin
Die letzten Jahre ist es um die Göttinger Band etwas ruhig geworden – außer einigen Cooperationen, wie mit Apokalyptika oder dem Nonstop-Endorphin-Komiker Michael Mittermeier, die erbarmungslos auf die Musikcharts des deutschsprachigen europäischen Raum losgelassen wurde. Neben dem Ausrutscher „Dödel Up!“ kam man mit der Alphaville-Coverversion „Big in Japan“ relativ gut weg – der einzige Haken an der Sache: Einige der Songs aus dieser musikalischen Zwischenkriegszeit, wurden von der Band nicht selbst geschrieben – ein Stein mehr auf der Seite des Erfolgsdrucks, dem man mit „Walking On A Thin Line“ die Stirn bieten musste.
Einen großen Plattitüden-Katalog hatten zum Release-Zeitpunkt dann anscheinend viele auf dem Schoß ( – oder stand es im Beipackzettel zur Promo CD? – ich weiß es nicht) denn der Ausdruck „Die Band ist endlich erwachsen geworden“ war in aller Munde. Nun hat das erwachsen werden ja nicht nur Vorteile sondern besticht auch durch den Verlust einiger bezeichnender Eigenschaften, die wir schließlich gegenüber den Vorgänger-Alben vermissen werden, denn das Werk als ganzes wurde viel zu Rund – nein ich weiß natürlich, dass die meisten CDs rund sind, danke – ein Konzept, dass zu gut durchdacht ist lässt nun mal wenig Spielraum für spontane Ideen und Kreativität, eine Eigenschaft, die man an den Guano Apes früher sicher sehr geschätzt hat. In den Jugendtagen ihrer Karriere war es für die Band Gang und Gebe von Zeit zu Zeit an gesellschaftlichen Normen anzuecken und zu provozieren – Kann man für das Musikbuisness zu brav werden?
Kurz und schmerzlos: Das Album hat drei musikalische Höhepunkte in Form von „You Can’t Stop Me“, „Pretty in Scarlet“ und „Quietly“. Während der rhythmische Opener noch an die guten alten Kindertage der Band erinnert und im Crossover-Stil eigentlich eine Flut von Hits einläuten sollte, bleibt er mit sich allein, langweilt sich weitesgehend und hätte in „Dick“ vielleicht noch einen halbwegs interessensnahen Weggefährten gefunden: You can’t stop me – I love the world with all its lies – You can’t stop me – I’m close enough to kiss the sky
Selten war man von Sandra Nasic stimmlich so positiv überrascht wie bei „Pretty in Scarlet“ wo sich eine überraschend auffällige Rockballade zwischen Samtig und Rockig in der Gunst des Hörers immer weiter hochschaukelt: You want to live a lie – and I’m pretty in scarlet – come on – you want to wash it down – and I’m pretty in scarlet – I turn myself to say goodbye Nicht zuletzt auch durch eine ausgezeichnete Performance des Gitarristen ganz eindeutig der größte Ohrwurm des neuen Albums.
Dann ist da noch „Quietly“, ein etwas rauchiger Song der zeigt, dass in der Band doch mehr Potential steckt, als man mit dieser Platte nicht bewiesen hat: Quietly we arrive – Your insecurity is so soft to you – You can’t let me bleeding – We are falling into deep – I’m dying in your open mouth.
Das „Walking On A Thin Line“ ein Spiel auf des Messers Schneide werden könnte hat die Band anscheinend schon vorher geahnt. Ihr Corssover-Image scheint endgültig verflogen und die Metamorphose zur ernsten Rockband in vollem Gange aber wirklich angekommen ist man noch nicht, obwohl es ab und an den Anschein hat, als wollte die Gruppe auf halbem Wege wieder kehrt machen. Das Album ist zwar technisch perfekt, die Überlegenheit liegt aber im Detail, dass hier sogut wie kaum ausgearbeitet, vielleicht eher zu oft überarbeitet, wurde. Oberflächliche musikalische Ausbrüche bescheren weder große Momente noch Anzeichen eines neuen, eigenen Stils – der Strohhalm, an den man sich seit „Open Your Eyes“ klammert ist auf Nimmer-Wiedersehen davongeschwommen.
Außer den bereits angesprochenen Songs findet man noch eine Reihe mittelmäßiger Rocksongs, die ohne Kreativität fast lieblos vor sich hindröhnen und übertriebenem Krach in Form von „Diokhan“: Vanity – is a therapy – in your eyes – no you got to learn how to breathe – irony – is security – in your eyes – no you got to learn how to breathe. Mit „Kiss The Dawn“ (do you talk to me – pull the string – so I can be a doll) kann man zumindest beweißen, dass Sandra an ihrem Gesang gearbeitet hat, der jetzt voluminöser, stilsicherer und flexibel wirkt.
Fazit: Einem Evergreen wie „Open Your Eyes“ müssen die Guano Apes auch weiterhin hinterherlaufen. Mit „Walking On A Thin Line“ hat man sich Technisch im Bereich Musik und Gesang sicher weiterentwickelt, Platz für eine kreative Krabbelstube hatten die vier Erwachsenen Rocker allerdings nicht mehr übrig. Mit einem über weite Strecken langweiligen Mittelklasse-Rock-Album lässt der Erfolg für die Guano Apes zumindest bis zur nächsten Platte auf sich warten. Als einziger Lichtblick hätten leider nur „Pretty in Scarlet“, „Quietly“ und „You Can’T Stop Me“ die volle Punkteanzahl verdient.