Frei.Wild bringen also ein Coveralbum raus. Und darauf covern sie – nach Anhören der Snippets würde ich sagen mehr schlecht als recht – Songs von Casper, Kraftklub, Die Ärzte, Jennifer Rostock, K.I.Z., Broilers, Jupiter Jones, Feine Sahne Fischfilet und Die Toten Hosen. Ja genau, lauter Künstler und Bands, die sich klar gegen Rechtsaußen positionieren und sich kritisch über die Band aus Südtirol geäußert haben, nicht zuletzt wegen der eher halbherzigen Distanzierungen vom rechten Rand. Das ist natürlich eine Provokation, nicht mehr, nicht weniger. Das wird schnell deutlich, wenn man die Ankündigung liest (Facebook). Da ist die Rede von „Perlen deutscher Moralkultur“ und es fallen Aussagen wie „Lieder mit Botschaft! Lieder für das Gute im Menschen von guten Menschen!“. Nicht genug, dass es Frei.Wild mit Musik versuchen, jetzt probieren sie sich auch noch an Ironie…
Vor allem, wenn sie Schrei nach Liebe von Die Ärzte covern, dann möchte man kotzen. Warum, das ist bei Watson gut beschrieben:
Dass sich Freiwild ausgerechnet diesen Song in einem durch und durch ironischen Kontext zu eigen machen, ist gefährlich und folgt wieder dem Prinzip „Freiwild“, Hauptsache vage und anschlussfähig nach rechts zu bleiben. Gefährlich deshalb, weil Freiwild eine Hymne gegen Rechtsextremismus für sich vereinnahmt und die Kernbotschaft des Songs der Ironie freigibt. Sie schaffen eine Zweideutigkeit bei einer Frage, bei der es keine Zweideutigkeiten geben darf. Und: Es ist eine musikalische Umdeutung, eine symbolische Zurückeroberung von etwas, das Freiwild nie gehört hat.
Hui, ich dachte erst, dass das nur schlecht werden kann. Aber dann hörte ich rein und was soll ich sagen: es ist noch deutlich beschissener als befürchtet.
Nur dieser “jetzt haben wir es den ganzen Hater-Bands mal gezeigt, Mann sind wir ironisch“-Humor ist noch schlechter als die Interpretationen der Songs. Die Bands dürften euch jedenfalls reihenweise auslachen, weil die Cover-Versionen bestenfalls nach Abi-Band klingen.
Jetzt schon das musikalische Eigentor des Jahres!
Oder wie es J.B.O. formuliert haben:
Bevor man also auch nur einen Euro für dieses Coveralbum aus dem Fenster wirft, lieber das Geld nehmen und direkt für wichtige Dinge spenden, zum Beispiel für Sea-Watch. Eine entsprechende Spendenaktion wurde kurz nach der Ankündigung des Albums auf Facebook gestartet. Bis jetzt sind schon über 750 Euro zusammengekommen, das Ziel ist die Marke von 5.000 Euro zu erreichen. Übrigens ist so eine Spende auch sehr viel besser, als sich über diese Provokation großartig aufzuregen, weswegen ich mir jetzt einfach die Originale der Songs anhören und für Sea-Watch spenden werde. So gesehen haben die Herren aus Südtirol dann doch irgendwie zumindest indirekt was Gutes erreicht…