Die vorletzte Band des Festivals war für viele – unter anderem für mich – der Höhepunkt des Festivals. Possessed haben alles abgerissen. Dabei war Jeff Becerra auch vorher schon der Liebling der Fans, war er doch schon den ganzen Nachmittag über immer mal wieder im Publikum zu sehen. Wahrscheinlich wollte er sich die anderen Bands auch nicht entgehen lassen, aber viel Zeit hatte er dafür nicht, denn kaum ließ er sich blicken, war er auch schon von Fans umlagert. Doch mit einer Seelenruhe und fortwährend lächelnd posierte er für jedes Foto und verteilte massenweise Plecs. Zwei ganze Tüten mit zwei verschiedenen Motiven hatte er dabei, die er den Fans in die ausgestreckten Hände drückte. Es schien so, als würde er da richtig Spaß dran haben und die Zeit mit den Fans genießen. Diese waren aber auch – soweit ich das mitbekommen habe – nie wirklich aufdringlich, sondern immer respektvoll und selber super happy, sich mit dieser Legende ablichten und so persönlich unterhalten zu können. Und die richtige Autogrammstunde sollte ja eh noch folgen. So einen sympatischen Musiker habe ich selten erlebt. Aber auch Schlagzeuger Emilio Marquez stattete den Fans einen Besuch ab. (vielleicht auch der Rest der Band, aber die habe ich wenn verpasst)
Auf der Bühne ging es dann so richtig ab. Da passte alles. Das Amphitheater war richtig voll und die Songs wurden abgefeiert. Hauptaugenmerk neben dem neuen Album „Revelations of Oblivion“ – von welchem der Opener „No more room in hell“ unter anderem war – galt natürlich den Klassikern der „Seven Churches“-Scheibe aus dem Jahr 1985. Nach den drei Songs im Graben stand ich – Rucksack mit Kamera sicher deponiert – dann auch in der zweiten Reihe. Mittendrin statt nur dabei, das konnte ich mir doch nicht entgehen lassen! Der Plan war eigentlich, mind. einmal zu crowdsurfen, aber irgendwie war grade einiges an Moshpit und vorne noch ein Plätzchen frei also hieß es Haare auf und mitgemacht. Viele andere ließen sich aber über die Menge tragen, so dass die Security noch mal richtig zu tun bekam – darauf hatten sie schließlich schon die ganze Zeit gewartet ;)
Emilio Marquez bearbeitete sein Schlagzeug so schnell, da konnte man mit den Augen kaum folgen – gut zu sehen in der Aufzeichnung des Rockpalasts, das ist schon grandios. Alle anderen standen ihm aber in nichts nach und Jeff grinste in so ziemlich jeder Gensangspause gefühlt rundherum. Das Feedback des Publikums war aber auch grandios. Und sie hatten es sich verdient. Hut ab vor dieser Performance, konnte (und wollte) Jeff doch viele Jahre nicht auf der Bühne sein nach seiner Schussverletzung, aufgrund der er im Rollstuhl sitzt. Hier wurde ihm wieder gezeigt, warum er sich nun doch dazu entschieden hat, wieder die Bühnen der Welt zu entern und dass es eine goldrichtige Entscheidung war. Wir freuen uns, dass Du zurück bist! (und er anscheinend auch…)
Nach so einem Abriss hatten es Anthrax natürlich schwer, auch wenn sie der geborene Headliner sind. Das Amphitheater platzt immer noch aus allen Nähten und die Herren Belladonna & Co. liefern eine (fast komplette) 80er-Klassiker-Show. Entsprechend gut war die Laune auch im Publikum. Scott Ian gab natürlich seinen Moshdance zum Besten und Frank Bello ist eh der Meister der Grimassen, wenn er nicht mitsingt (oder auch grade dann…).
Auf jeden Fall ein solider Headliner, der diesen Titel auch verdient hat. Zwei neue Songs („Evil Twin“ von der „For all Kings“ und „In the End“ von der „Worship Music“) aus den Jahren 2011+2016 haben es nur in die Setlist geschafft, auch wenn grade das letzte Album durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Doch Anthrax gehören zu den Bands, die einfach die alten Klassiker immer wieder spielen können und genau so regelmäßig dafür abgefeiert werden.
Ich habe mir das Ganze diesmal in Ruhe von den Rängen mit einem Festival-Abschluss-Cocktail angeschaut und das Festival gemütlich ausklingen lassen. Vielen Dank an alle für die tollen drei Tage, man sieht sich im nächsten Jahr!