Intro
Hätte mich Sven nicht angerufen, hätte ich das Dong Open Air vielleicht nie kennen gelernt. Allerdings tat er das letzte Woche und fragte mich, ob ich Lust hätte mit ihm auf ein Festival zufahren um darüber zu berichten. Trinkt man in der Kneipe? Na klar wollte ich. Also die Vorlesungen abgesagt – ich müsse beruflich nach Köln – und ab in den Fernbus.
In der Vorbereitung auf Festivals begehe ich immer denselben Fehler. Nämlich mein Hygieneempfinden überzubewerten. So waren jeweils 4 Unterhosen, Socken und vor allem T-Shirts viel zu viel. Die lange Hose habe ich auch nicht gebraucht, doch die Erfahrung hat mich gelehrt immer feste und leichte Kleidung mitzunehmen. Da lag ich auch im Prinzip goldrichtig. Nachdem Einkauf der nötigen Lebensmittel und Alkoholreserven und der Einfahrt auf den Parkplatz irgendwo in Neukirchen-Vluyn, empfing uns das Dong nämlich erst mal mit einem gehörigen Wolkenbruch. Wir mussten die bereits ausgeladenen Sachen zurück ins Auto schmeißen und uns vor dem klatschenden und prasselnden Regen ins Auto zurückziehen. Die Jungs aus unserem Camp, die uns mit dem Bollerwagen abholen kamen, waren klitschnass bis sie uns am Parkplatz erreichten. So nass, dass Robert das Wasser aus den Stiefeln schwappte. Dafür war der Regen so plötzlich und heftig wie er kam wieder weg.
Beim Beladen des Bollerwagens, nach einer kurzen Vorstellungsrunde, mussten wir zwei Dinge feststellen. Erstens, es war keine gute Idee gewesen die Taschen ins Auto zu werfen. Svens Flasche Jack Daniels hatte eine Ecke verloren und sich durch dieses kleine Loch komplett in der Tasche verteilt. Zweitens, die wirklichen Ausmaße des Halde Bergs auf dessen Spitze das Fest stattfindet. Der Weg sollte, wie unsere Abholer sagten, mindestens 20 Minuten Fußmarsch den Berg hinauf bedeuten. Nachdem wir ein wirres Sammelsurium aus einer Metallkiste, Taschen voll Kissen, Decken, Bier und Zelten, einem Kasten Cola und sonstigem Campinggeschirr auf den Bollerwagen gehievt hatten und mit Spanngurten fixiert hatten, machten wir uns auf den Weg. Sven und ich trugen noch zusätzlich je einen Rucksack und eine unserer Taschen. Flo dem die Metallkiste gehörte, trug zusätzlich die Schuhe seiner Freundin, die oben wartete. So schwere Stiefel mit Ketten, Nieten und Totenköpfen drauf. Nach dem ersten Teil des Wegs, der aus einer langen Geraden bestand, machten wir die erste Bierpause am Fuß des Bergs, bevor die Septimen anfingen sich nach oben zu schlängeln. Ein paar Autos fuhren an uns vorbei und wir fragten uns, warum wir nicht hatten hoch fahren können, diese Leute hatten wohl eine höhere Freigabestufe als wir.
Mich machte der Berg nervös, ich konnte mir ausmalen welche Plackerei er bedeuten würde und wollte ihn hinter mir wissen. Wir warteten allerdings noch einen Moment, was unser Glück war, da keine zwei Minuten Bekannte von Flo und Robert mit ihrem Campinganhänger an uns vorbeifuhren und uns die komplette Wagenladung abnahmen. Den jetzt leeren Wagen liehen wir den Typen, die an der selben Stelle gewartet hatten und halfen ihnen schwitzend, schiebend und ziehend ihren und unseren Wagen nach oben zu bugsieren. Als wir endlich die letzte Biegung hinter uns gelassen hatten, konnten wir erstmals einen Blick auf die Zeltstadt werfen. Tatsächlich war die Spitze des Bergs nicht einmal flach. Die Zelte und Bühne lagen in einem großen Krater mit mehr oder minder abschüssigen Hügel vom oberen Ring nach unten. Andre und sein Onkel, denen wir unseren Wagen geliehen hatten, campten zufällig ganz in der Nähe unserer Freunde mit dem Anhänger, direkt am oberen Kraterrand. Die Sicht von da ist wirklich spektakulär. Wie ich gehört habe kann man bei klarem Wetter sogar die Domspitzen sehen. Aber dafür blieb jetzt keine Zeit, zunächst stand das Ankommen und Zelt aufbauen an. Die Camps waren im generellen riesig, der Innenraum des unsrigen maß circa 20 Meter mit zwei Pavillons in der Mitte. Nachdem ich darauf hingewiesen wurde, dass der zweite Pavillon noch käme, musste ich in zweiter Reihe am Weg campen. Auch hier tauchte eine Dame auf und erklärte mir ich müsse mein Zelt noch weiter nach rechts schieben, da noch Leute kämen. Als das Ding stand und ich zurück zum Lager ging, hörte ich noch wie sie gerade erklärte sie habe einen Fremden vertrieben. „Zustände wie im Osten“ dachte ich mir und setzte mich zu den anderen unter unseren Pavi. Sven hatte sich gerade seine Siegeszigarre für den Sieg über den Aufstieg angesteckt und eine neue Pulle Whiskey geöffnet. So bestand der Rest des Abends aus gemütlichem kennen lernen und Bier trinken im Lager, mit kleineren Erkundungstouren, zum Beispiel zu den Dixis. Robert erklärte noch, dass nun kein Tropfen mehr fallen würde und mir im Speziellen, dass der Berg ein wichtiges Ritual sei, dass man vor dem Festival durchlaufen werden muss. „Das wird in den Berichten immer vergessen! Das musst du rein schreiben“, Grüße Rob, hier steht’s jetzt. Gegen eins verzogen wir uns kollektiv in unsere Tipis. Wir waren am Mittwoch angereist, also ging es morgen los, wir hatten also noch ein wenig Kraft vor dem Sturm zu schöpfen.