Was tut man, wenn man alles erreicht hat? Ende 2002 standen Ash genau vor dieser Frage. Nachdem sie sich mit der Entschlossenheit von Kung Fu-Kämpfern 1996 mit 1977 nach ganz oben durchgekämpft hatten, dann mit Nu-Clear Sounds 1998 den Faden verloren und mit Free All Angels 2001 einen heroischen Pop-Rückschlag ablieferten, fanden sie sich schließlich als Gewinner wieder.

„Das ganze Umfeld, in dem Free All Angels entstand, war so poppig, dass es uns vorkam, als müssten wir gegen S Club 7 antreten“, blickt Tim Wheeler amüsiert zurück. Sie waren mit einem Nummer-1-Album und fünf massiven Hit-Singles angetreten und hatten sich als langlebigste Band ihrer Generation herausgestellt. Mit einer Lebensdauer, von der die meisten Bands nur träumen können. Doch trotz ihres bewusst gepflegten jugendlichen Flairs wurde es Zeit sich weiterzuentwickeln. „Wir befanden uns in einer völlig anderen Welt als es zu diesem Album kam“, betont Tim.
Diese Welt war Amerika, wo sie ein volles Jahr mit Free All Angels auf Tour waren. Dort, im Landesinneren des Rock, stellte sich schnell heraus, was der nächste Eckpfeiler ihrer Karriere sein würde. „Ich denke, unser Trip durch Amerika hat großen Einfluss auf Meltdown gehabt. Wir sind unseren Wurzeln irgendwie ein Stück näher gekommen als wir an einen Ort gingen, an dem Rock wirklich gelebt wird. Es war klar, dass wir ein sehr gitarrenlastiges Album machen würden.“

Um die Sache anzugehen, verwirklichten Tim, Rick, Mark und Charlotte sich einen langersehnten Traum: Ein Album in Kalifornien aufzunehmen. „Ich finde, dass amerikanische Platten akustisch einfach besser klingen“, lacht Tim. „Es scheint, als gäbe es dort bessere Tontechniker und bessere Studios, also wollten wir das selbst herausfinden.“
So machten sie sich auf den Weg nach Los Angeles und klinkten sich mit Nick Raskulinecz (Foo Fighters, System Of A Down) ein, um ihren Traum in Angriff zu nehmen. Schnell wurde klar, dass man sich nicht mehr nur auf Tims Refrain-freudigem Songwriting verlassen wollte, sondern dass nun alle Band Mitglieder zu gleichen Anteilen schreiben würden. „Wir alle sind bessere Musiker geworden“, wirft Tim ein, „Rick als Drummer hatte großen Einfluss auf das Album, er mutierte zu einem schlagzeugenden Monster! Ich denke, wir hatten alle genug Selbstvertrauen, etwas Neues mit dieser Platte auszuprobieren.

Das so entstandene Album heißt nicht umsonst Meltdown. All jene Pop-Thrills, die bewegenden Melodien und die mitreißenden Riffs, für die die Welt Ash lieben lernte, werden kurzerhand mit Benzin übergossen und gehen in lichterlohen Flammen auf. Diesem Feuerwerk entsteigen dann 11 Smasher purer Rockkraft. Von der leicht entflammbaren Single Orpheus bis zu den Höhen von Evil Eye und dem scharfkantig-schönen Starcrossed, treffen wir ASH at their best, ausgerüstet mit zusätzlichen Brennstoffzellen für jede Menge Extrapower. Man könnte sagen, genau die Musik, die man von ein paar jugendlichen Twentysomethings nach einer satten Dekade voller Action erwarten würde.

Während Tim Free All Angels während eines Trips auf der Achterbahn der Liebe verfasst wurde, kriegen wir mit Meltdown nun einen Einblick in die dunkleren Seiten der Welt von ASH. Schon der Titelsong Meltdown, den Tim nach der Erfahrung eines Friedensmarsches 2003 über „den Frust, wenn du mit zwei Millionen Menschen marschierst und trotzdem nichts passiert“, zeigt eine Band, die man von dieser Seite noch nicht kennt. In Vampire Love zerstückelt er frei nach Dylan verschiedenste Eindrücke, „um sie zu einem neuen Bild zusammenzufügen“. Und dann Clones, das Heftigste was ASH musikalisch und thematisch je hervorgebracht haben „Der Song handelt von einer einzigartigen Person, die anders alle anderen scheint und einen dann plötzlich Stich lässt“, sagt Tim. Dass die Band diesen Track als Vorgeschmack auf die Fans losließ, zeigt schon mit welchem neuen Ausdruck sie zu kontern wissen.

„Bis jetzt haben wir immer einen ‚White Album‘ Ansatz verfolgt“, so Tim, „anything goes. Aber ich denke, dass das einige Leute verwirrt. Manche wissen ja gar nicht, um was es bei ASH geht. Dieses Mal wollten wir ein solides Album abliefern, das einen durchgehenden Vibe ausstrahlt. Es klingt unglaublich live, genau so wie auf der Bühne, dementsprechend entspricht es mehr dem, was und eigentlich ausmacht. Wir wollten das Album so geradeaus wie es nur geht und die Auftritte so heiß wie möglich machen.“

Nachdem sie für zehn Jahre eingefleischte ‚Star Wars‘ Krieger waren, haben sie nun ihre Bladerunner Phase. Was ASH tun, nachdem sie alles erreicht hatten? Sie stürzen sich in neue Kriege, die es auszufechten, neue Barrieren, die es einzustürzen gilt. Es wird ein auf jeden Fall ein aufregender Trip…

Hamburg, im April 2004

Website: http://www.ash-official.com/© WEA Records

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