Avantasia: Ghostlights

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Ich ärgere mich gerade sowas von, dass ich die ersten beiden „The Metal Opera“-CDs von Avantasia aus den Jahren 2001 und 2002 verkauft habe. Die hätten mir prima Dienste leisten können.
Wenn nämlich Tobias Sammet am 25.02. den deutschen Vorentscheid zum ESC gewinnt und Deutschland mit einem kollektiv verdutzten „Was? Wir haben international erfolgreiche Musiker?“ aufheulend staunt, während Radiosender, RTL und BILD investigativ recherchieren, dass Dieter Bohlen so eventuell vielleicht doch nicht unser einziger Komponist sein könnte sondern hauptsächlich ein alter, peinlicher proll-lingostammelnder Fleischbegucker. Dann würde ich mich mit meinen CDs hinstellen wie der Wachturm-Jünger in der Fußgängerzone und wie damals die olle Kleinregal-Krämerin in der Karamellbonbon-Werbung sagen:

„Den Tobi? Ja klar kenn ich den. Schon lang. Der kam doch immer zu mir und ließ sich meine ganzen alten MAGNUM-Schallplatten auf Kassette überspielen. Einen Song musste er immer gleich hören. Ganz feiner Kerl. Putzig. Schreibt lustige Booklet-Texte. Singt manchmal zu hoch. Ach ja.“

Okay, das stimmt nicht mit den Schallplatten. Aber er ist großer MAGNUM-Fan und daher per Definition ein prima Mensch. Jedenfalls würde man mich ob meiner Vorhersehung mindestens zum nationalen Berater ernennen. Ich würde die drängenden Probleme unserer Zeit lösen: a) Thorsten Legats intellektuelle Kapazitäten massiv vergrößern, b) die Monsterglocken von Sophia Wollersheim massiv verkleinern, c) Helena Fürst unter Androhung massiver Konsequenzen die Weisheit mitgeben, bitte nie wieder vor eine Kamera oder Mikrofon zu treten. Lösungen, die sich jeweils übertragen auch a) auf die Hirne von Anhängern der PEGIDA-Bewegung, b) die Anzahl von dummen Postings auf Facebook und c) Donald Trump im Allgemeinen anwenden ließen. Ach, hätte ich nur diese beiden CDs nicht verkauft…

GHOSTLIGHTS ist ein fantastisches Album geworden. Sammet schafft es nämlich, mit seiner internationalen Sangestruppe Songs auf die Beine zu stellen, die renommierte Bands und Künstler locker in ihre Top-Playliste aufnehmen könnten. Der Opener „Mystery of a Blood Red Rose“ – Meat Loaf würde sich die Finger danach lecken. „The Haunting“ – klarer Fall für das Trans-Sibirian Orchestra. „Draconian Love“ – HIM hätte nochmal eine Trumpfkarte im schwarzen Rüschenärmel. „Let The Storm Descend Upon You“, „Master Of The Pendulum“ – ersteres vom orchestralen Unterbau, letzteres wegen Marco Hietalas Gesang absolute Nightwish-Klasse. „Seduction of Decay“ – Queensryche zu „Operation Mindcrime“-Hochzeiten. Bleiben noch die alten Helloween, („Ghostlights“, „Unchain The Light“) deren ehemalige Frontsirene wieder einmal überragend tiriliert und großartiges Material für das bürointerne Michi-Kiske-Krass-Karaoke abliefert. Einfach versuchen, die Gesangslinien im Refrain des unten verlinkten Titeltracks nachzusingen und dabei so dermaßen jämmerlich scheitern, dass die unmittelbare Umgebung vor Lachen am Boden liegt.

Einen Extra-Absatz haben sich die Männer an den sechssaitigen Gitarren verdient; Sascha Paeth, Oliver Hartmann und der ehemalige Kiss-Saitenflitzer Bruce Kulick lassen ihre Instrumente brennen und begeistern den dafür empfänglichen Hörer mit ausgedehnten Soli, der Track „Lucifer“ wird sogar von Kulicks Spielfreude im positiven Sinne gebrandmarkt.

Dazu schließlich die musicalwürdigen Refrains, bei denen man spürt, dass Sammet viel Herzblut, Wiedererkennungswert und Eingängigkeit reingesteckt hat. Wer sich von den Live-Qualitäten der Band überzeugen will, greift zur Doppel-CD, die 11 hochwertige Tracks des Wacken-Auftritts 2014 enthält. Fazit: Symphonic Melodic Metal vom Allerfeinsten und meiner Meinung der stärkste Output des Star-Ensembles um den Fuldaer Buben. Und ich kenne ein paar Scheiben von Avantasia, siehe oben.

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Avantasia: 
Ghostlights
Unsere Wertung: 100%
Ghostlights 
wurde am 29. Januar 2016 
über Nuclear Blast (Warner) 
veröffentlicht.
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