Götz Widmann ist einer der erfolgreichsten deutschen Liedermacher und kommt aus der schönen Stadt Bonn. Für sein viertes Album „habt euch lieb“ hat sich Götz was ganz Besonderes ausgedacht: Anstatt alle Songs wie gewohnt im Alleingang aufzunehmen, holte er sich befreundete Musiker ins Studio und nahm seine Werke im ganz neuen Kleid auf. Verpflichtet haben sich hierfür Musiker wie Heinz Ratz und Pensen von Strom & Wasser inklusive ihrer Band, Rüdiger Bierhorst, Veit Kutzer, Janina oder auch Familienmitglieder. Die Bandproduktion wurde mit insgesamt 15 Musikern gemacht und herausgekommen ist ein sehr vielseitiger Mix aus Gassenhauern und Ohrwürmern. Musikalisch und textlich ist „habt euch lieb“ eine typische Götz Widmann Platte, die mich ab und zu heftigst an Rio Reiser und den früheren Udo Lindenberg erinnert, aber dazu gleich mehr.
Line-Up:
- Götz Widmann – Gitarre, Gesang, Mundharmonika
- Heinz Ratz – Bass
- Pensen – Gitarre, Gesang
- Fee Stracke – Flügel
- Shane Connolly – Drums, Percussion
- Sascha Loss – Geige, Bass, Gesang
- Veit Kutzer – Stromgitarre, Gesang
- Rüdiger Bierhorst – Gitarre
- Jesse Günther – Percussion
- Metin Yilmaz – Flöten
- Constantin Gabrysch – Bass, Gesang
- Christian Pflüger – Gesang
- Stabak – Gesang
- Janina – Gesang
- Svenja Mpangara – Gesang
Tracklist:
- habt euch lieb
- kamikazefraun
- badmülleimer
- zivilisation
- meine nächste große liebe
- der rat der götter
- ich freu mich wenn sie lacht
- ein erguß von meinem schwanz
- arm sein ist teuer
- exfreundin
- nüchtern werden auf der bühne
- moleküle und galaxien
- montag
- kosmisches kind
*habt euch lieb*
Der Anfang erinnert kurz an „Streets of Philadelphia“ von Bruce Springsteen und geht in eine leicht fließende Melodie über mit Percussions, E-Gitarre und Bass. Götz‘ Gesang wird von einem leisen, eher zurückhaltenden Chor begleitet. Der Text spiegelt das wieder, was sich die meisten Menschen in unserer Zeit wünschen: dass sich alle „lieb haben“.
*kamikazefraun*
Eines meiner Lieblingslieder, begleitet von Geige, Gitarre, Percussions und Bass. Der perfekte Song zum Mitsingen und handelt von den Bruchpilot-Frauen in die sich Götz immer wieder verliebt. Begleitet wird Götz auch hier wieder von seinem Chor – hier bin ich aber der Meinung, dass die stärker heraus hörbare Stimme von Janina nicht ganz zur Stimmlage von Götz passt und so eher etwas „störend“ wirkt.
*badmülleimer*
Was habe ich auf die endgültige Version dieses Songs gewartet, den ich schon Anfang des Jahres in der Live-Fassung ohne Band gehört habe. Das perfekte Lied für den verlassenen Mann, der über das Ende seiner Beziehung erstmal hinwegkommen muss. Dank Götz‘ Tipp mit dem Badmülleimer dürfte er sehr schnell über den Berg sein :-) Der Gassenhauer schlechthin!
*zivilisation*
Die Gegenüberstellung von „Naturverbundenheit“ und „Abhängigkeit von der Technik“. Hiermit verabschiedet sich Götz Widmann schon fast von seinem Hippie-Dasein und bekennt sich zur modernen Technik – aber auch zur gesunden Verbundenheit zur Natur. Der Kontrapunkt zu „Landkommunenhippie“.
*meine nächste große Liebe*
Das Lied eines verlassenen Mannes und seine Gedanken. Typisches Götz Widmann Lied um mit dem Liebeskummer fertig zu werden – unterlegt mit Klavier, Percussions und Gitarre. Irgendwo da draussen wartet die richtige Frau auf Dich, sie wird irgendwann einfach auftauchen.
*der rat der götter*
Ein sehr netter Song, der sich mit der aktuellen Religionsproblematik beschäftigt. Jahwe, Buddha, Jesus und Allah unterhalten sich darüber wie dumm die Menschen doch sind, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Beschwingte, mit Gitarre und Flöten unterlegte orientalisch angehauchte Melodie.
*ich freu mich wenn sie lacht*
Nach einer kurzen Verschnaufpause durch die Religionsproblematik geht es wieder mit der Liebe weiter oder besser gesagt: Mit der vergangenen Liebe. Der Song beginnt wie von Götz gewohnt mit der akustischen Gitarre. Wieso muss man sich nach dem Ende einer Beziehung immer streiten und mit Eifersüchteleien um sich werfen? Man kann sich doch einfach für den anderen freuen wenn’s ihm in der nächsten besser geht. Es hat eben in der ehemaligen Beziehung nicht funktioniert und so ist sie gegangen…
Hier wird bewusst auf die Band verzichtet – die nachdenkliche Stimmung dieses Songs wird am besten durch die Akustikgitarre rübergebracht.
*ein erguß von meinem schwanz*
Direkt vom Genital auf CD: Schwanz Widmann singt selbst. Die Gedanken eines alleingelassenen Schwanzes in die ich mich als Frau nur etwas schwer reinversetzen kann. Ein Beschwingter Song, der mit Bossa Nova und Lateinamerikanischen Klängen gewürzt wurde.
*arm sein ist teuer*
Götz Widmanns politischer Beitrag in Zeiten von Hartz IV. Er macht deutlich, dass man arm in der heutigen Zeit ziemlich mies dran ist. Leider geht es immer mehr Menschen in Deutschland so. Erinnert mich irgendwie an den frühen Udo Lindenberg.
*exfreundin*
Das ist wahrscheinlich das Lied, was eine aktuelle Freundin nicht gern von ihrem Freund hören würde. Mit einer chartverdächtigen Melodie zählt Götz alle Vorzüge seiner Ex-Freundinnen auf. Wieso muss man nach dem Ende einer Beziehung immer an die schlechten Dinge denken? Es geht auch anders…
Ein Ohrwurm, der von Klavier, Percussions, Gitarre, Bass und Drums begleitet wird.
*nüchtern werden auf der Bühne*
Ein sehr grooviger Song mit Veit Kutzer an der E-Gitarre. Wie arm ist man als Sänger dran wenn man auf der Bühne nüchtern wird und das Publikum sich einen nach dem anderen reinzieht. Über seine Sühne (nüchtern werden auf der Bühne) singt Götz – begleitet von einem fast schon orientalisch angehauchten Refrain mit E-Gitarre und Flöte.
*moleküle und galaxien*
Eine Ballade mit Mundharmonika und dem bescheuertsten Reim aller Zeiten („Was empfindet so’n Kosmos beim Orgosmos?“). Tiefsinniges, sehr philosophisches Lied mit träumerischem Text.
*montag*
DAS Demo- und Protestlied schlechthin. Erinnert mich sehr stark an Rio Reiser und „Ton Steine Scherben“. Was mich auch hier etwas stört ist der Gesang von Janina der hier von der Tonlage nicht wirklich gut reinpasst. „Stell Dir vor es ist Montag und keiner geht hin“.
*kosmisches kind*
Eine Liveaufnahme aus dem Pantheon in Bonn und erinnert an die gute alte Hippiezeit mit „Love & Peace“. Götz wird hier vom Publikum und von seinem Livechor begleitet und unterstützt. Irgendwie habe ich bei dem Lied immer ein Bild im Kopf: Ein Pulk von Leuten, die friedlich zusammen singen und die sich durch nichts erschüttern lassen.
Fazit:
Ich persönlich finde die neue CD von Götz klasse. Sie ist anders als alle anderen Götz Widmann CDs, aber deswegen nicht schlechter. Manchmal kommt mir das Experiment mit der Band vor wie ein Baukasten mit vielen bunten Steinen: Es gibt so viele verschiedene Elemente und irgendwie will man doch mit allem spielen was der Kasten so zu bieten hat. Beim ersten Hören kam es mir manchmal so vor, als wäre es bei einigen Songs etwas zu viel des Guten. Etwas weniger wäre mehr gewesen (z.B. bei „badmülleimer“, „kamikazefraun“ oder „montag“) und wie ich schon oben bemerkt habe passt die Tonlage von Janina nicht wirklich zu Götz‘ Tonlage. Aber je öfter ich mir die CD anhöre, desto besser gefällt sie mir. Alle Bandmitglieder und Mitwirkenden, inklusive Götz haben hier ihr Können bewiesen. Götz Widmann Fans sollten sich dieses Werk auf jeden Fall anhören und kaufen. Die Melodien und Texte sind typisch Götz, nur die Umsetzung ist diesmal etwas „bombastischer“. Bei manchen Songs hätte ich mir eher eine reine Gitarrenumsetzung gewünscht, aber das werde ich ja auf einem seiner Solo-Konzerte erleben können. Ich liebe dieses Album :-)