Das zweite Album ist das Schwierigste, sagen viele Künstler und Kritiker. Man war mit dem ersten erfolgreich und will daran jetzt anknüpfen, ohne aber genau das Gleiche nochmal zu machen und ohne seinen Stil zu verleugnen. Nach dem ersten, selbstbetitelten Album von Ladyhawke hatte ich jedenfalls einiges erwartet – aber nicht das, was sie mit „Anxiety“ präsentiert.
Im Vorfeld wurden bereits die Singles „Black White & Blue“ und „Sunday Drive“ ausgekoppelt, das 10 Tracks umfassende Album startet allerdings erstmal mit „Girl Like Me“. Ein knackiges verzerrtes Gitarrenriff und Percussions tönen aus den Boxen und sorgen sofort für Begeisterung, geht der Sound doch schon fast Richtung Rock – aber die softe Ladyhawke, die auf ihrer letzten Scheibe vor allem mit Synthesizern glänzte, ist das nicht. Oder doch?
Sunday Drive folgt dann als zweiter Track. Die Gitarren sind nicht mehr durchgehend präsent, dafür aber teilweise zum Stimmungsaufbau fast bis ins psychotische verzerrt. Insgesamt dennoch ein Track, der an früher erinnert – wäre da nicht das Gitarrensolo, mit dem sich ganz neue Welten öffnen. Synthpop geht also noch, jetzt aber passend zum Stil des Albums mit harten Riffs dazwischen. Doch die Frau, die dort singt, ist unverkennbar Pip Brown, die, die alle Instrumentenstimmen selber geschrieben und größtenteils sogar selber eingespielt hat, noch häufiger als schon beim letzten Album.
Auch der dritte Titel „Black White & Blue“ spielt wieder deutlicher mit den Synthesizern, Gitarrenklänge hört man nun nur noch im Hintergrund – bis gegen Ende wieder ein Solo kommt, diesmal bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Auf einem ähnlichen Niveau bewegt sich auch „Vaccine“, nun aber mit einer deutlichen Verschiebung zum Bass. „Blue Eyes“ hingegen haut uns wieder verzerrte Riffs um die Ohren und auch die Drums sind ziemlich präsent. An die Soli hat man sich inzwischen schon fast gewöhnt.
Mit diesen Songs im Ohr überrascht es auch nicht mehr, dass Pip eigentlich aus der Rockecke kommt – Vor ihrer Zeit mit Ladyhawke war sie als Gitarristin unterwegs. Sie selber dazu: „Ich war immer diejenige, die so Heavy-Zeug auf der Gitarre spielte und die zwischendurch Solos machte“. So hat sie nun das Meisterstück vollbracht, ihr Projekt Ladyhawke neu zu erfinden und sich selbst dabei trotzdem treu zu bleiben, indem sie ihren eigenen, früheren Stil in eine Band einbringt, die bisher nicht viel mit Gitarrenmusik zu tun hatte.
Das zweite Album der Neuseeländerin weist also klar einen anderen, gitarrenorientierteren Stil auf. In der zweiten Hälfte des Albums gibt’s dann aber dennoch mehr Abwechslung. In „Vanity“ ist es der Synthesizer, der das Solo bekommt. Und „The Quick & The Dead“ wartet mit einer hörbaren Beständigkeit auf, ein an sich sehr langsamer Song, der aber doch irgendwie treibend und fortlaufend ist. „The quick and the dead will find you“, singt Pip Brown, und „this thing is never ending“. Zwischendurch hört man sie nach Atem ringen und das Stück weist gleich zwei Soli auf, diesmal extrem schräger Natur.
Der Titelsong „Anxiety“ schließlich kommt nochmal mit einem eigenen Sound um die Ecke, ein eher treibender Beat, aber sanfte, etwas verunsicherte Vocals. Die perfekte Kombination für den Klang eines Albums, in dem die Künstlerin verarbeitet hat, dass sie ziemlich schnell ins Rampenlicht geschubst wurde, wo sie sich erstmal gar nicht so wohl fühlte.
Mit Hoffnung und dem Vertrauen darauf, dass alles so gedacht war wie es ist, beschäftigt sich das langsame, wuchtige „Cellophane“. Damit bleibt die ruhige Stimmung noch ein bisschen erhalten, bevor wir uns mit reichlich Lärm und mehr Tempo in „Gone Gone Gone“ verabschieden.
Ladyhawke hat ihren Sound kräftig aufgemotzt und mit „Anxiety“ ein neues Werk geschaffen, was nicht nur eine Fortführung, sondern eine Weiterentwicklung ihres Erstlings „Ladyhawke“ ist. Ein Werk, was für überraschte Blicke bei den Fans sorgen dürfte, danach aber ebenso für Begeisterung sorgen wird wie bei denen, die Ladyhawke erst jetzt kennen lernen. Und das sei jedem empfohlen, der dem Pop nicht prinzipiell abgeneigt ist!
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