Es ist also endlich soweit: „Böäöäöäöäöä“, Götz Widmanns neues Album, ist kaufbar. 13 Lieder, exklusive Ansagen – Live – Persönlich – Ehrlich – Witzig. Grobmotorische Unverblümtheiten, feine Balladen, durchdachte Albernheiten. Ein Mann – eine Gitarre. Schön verpackt in einem liebevoll konzipierten Booklet, samt titelverstärkendem Cover.
Und das gibt es auf die Ohren:
Tracklist:
- Böäöäöäöäöä
- Die dritte Hand
- Das kleine Bühnenmikrofon (Ansage)
- Das kleine Bühnenmikrofon
- Das Kornfeld und der Wind
- Podolski
- Ich durfte leben ohne Soldat gewesen zu sein
- Fahrer (Ansage)
- Fahrer
- Die traurige Königin
- Simone de Beauvoir
- Mein Lied für Rüdi (Ansage)
- Mein Lied für Rüdi
- Unfreiwillig nackt im Web (Ansage)
- Unfreiwillig nackt im Web
- Wieder im Büro
- Klimakatastrophe (Ansage)
- Klimakatastrophe
Hier eine garantiert hundertprozentig subjektive Titelanalyse:
„Böäöäöäöäöä“ – Nicht mein Lieblingslied auf der CD, aber bei akut angestautem Aggressionsüberschub entfaltet das Lied sein ganzes Potential und brüllt einem förmlich aus der Seele.
„Die dritte Hand“ – Witzige Idee zum Thema Genmanipulation, zu dem Götz schon einmal im Internet nach Fanideen gefragt hatte.
„Das kleine Bühnenmikrofon“ – Ein Lied, das einem die Lust am Leben als Rockstar gehörig zerstören kann. Und vermutlich alles andere als aus der Luft gegriffen…
„Das Kornfeld und der Wind“ – Fühlt sich an wie einer Fortsetzung zu „Meine nächste große Liebe“. Eine wunderschöne Ballade, die allen einsamen Zweibeinern Hoffnung in Sachen Liebe schenkt.
„Podolski“ – Ein Fußballsong! Reicht vielleicht nicht an „Holland“ ran (aber das ist ja auch schwer), aber hat wegen dem Blick zu einer ganz anderen Thematik wiederum absolute Existenzberechtigung – Und der Refrain ist stadiontauglich!
„Ich durfte leben ohne Soldat gewesen zu sein“ – Ich musste mich dran gewöhnen, denn es ist etwas ganz anderes, als das, was man von Götz Widmann sonst so kennt. Man fühlt sich beim ersten Hören an Wader und Co erinnert, was aber nicht zwangsläufig befremdend wirken muss. Denn die ernste Thematik ist götztypisch verpackt, was spätestens beim Refrain deutlich wird.
„Fahrer“ – Endlich mal eine Hymne für all die armen Schweine, die als Taxi die ganzen Besoffenen ertragen müssen.
„Die traurige Königin“ – Eine rhythmische Ballade über eine besondere Beziehungsproblematik, mit kratziger Stimme emotional vorgetragen.
„Simone de Beauvoir“ – Amüsant-ironische Abrechnung mit allen überintellektuellen (Ex-)Freundinnen.
„Mein Lied für Rüdi“ – Das erste platonische Liebeslied für einen Mann („Ich liebe mich“ ausgenommen). Und für wen? Für unser aller Lieblingsliedermacher Rüdiger Bierhorst. Wer den nicht kennt, kann einem übrigens Leid tun -> www.bierhorst.de.
„Unfreiwillig nackt im Web“ – OK, „Ich brauch Liebe“ war schon echt schmutzig und auch auf den anderen Scheiben gab es immer wieder sexistische Songs. Aber dieses Lied überragt alles Bisherige. Muss man mögen. Ich mag’s.
„Wieder im Büro“ – Treffsichere Darstellung der empfundenen Ernüchterung nach Urlaubsende.
Klimakatastrophe – Wie „Jesus und Stoiber“ kein Lied, sondern eine Art Gedicht. Nach eigener Aussage nüchtern geschrieben. Wenn es stimmt, dann muss man sich keine Sorgen machen. Götz Widmann kann auch ohne Drogen lustig sein.
Resumé gefällig? „Böäöäöäöäöä“ ist ein Live-Album, das die allgemein vorherrschende Live-Stimmung eines Götz-Konzerts wiederspiegelt. Während auf „Drogen“ die Mitmach-Qualitäten des Publikums im Vordergrund standen, zeigt sich auf diesem Album, die Stimmung der Zuhörer bei neuen Liedern. Den CD-Käufer erwarten dreizehn neue selbstgedichtete Titel, eben so, wie sie ein jeder Konzertbesucher live erfahren durfte. Oben drauf, quasi als Extra, wartet die Platte mit den durchweg sympathisch-amüsanten Ansagen des Künstlers auf. Und ganz egal, ob man im Endeffekt philosophische Weisheiten vermisst, die Platte als zu vulgär erachtet oder sonst wie unzufrieden ist: Götz Widmann bleibt die Avantgarde des Liedermaching. Schließlich wurde der Begriff ja auch zu Joint Venture Zeiten geprägt. Ich habe auf jeden Fall eine ganze Menge Spaß mit dem Ding und deshalb gibt es von mir die volle Punktzahl.