„Sounds From Nowheresville“, das neue Album des britischen Duos „The Ting Tings“, beginnt mit einem Track namens „Silence“. Zu den anfänglichen sanften Synthi-Klängen mischt sich schnell ein klarer Drumbeat, und Katies Gesang übernimmt die Leadstimme. Alle sollen ruhig sein und der Stille zuhören, singt sie. Danach ergießt sich der Track erstmal in bombastischen Synthesizierklängen, bevor es mit dem Text weitergeht. Keine Notwendigkeit, sich selbst oder anderen zu zuhören, heißt es. Und damit ist der Kern des Albums getroffen.
Vier Jahre nach ihrem electropoplastigen Debütalbum haben sich The Ting Tings um 360 Grad gedreht, eine Menge mitgenommen und blicken nun wieder gerade nach vorne. Das 10 Tracks (19 in der Bonusversion) umfassende „Sounds From Nowheresville“ übertrifft sich mit jedem Track aufs Neue selbst. Da ist das sphärische und wortkarge „Silence“, was das perfekte Intro abgibt. Die Synthesizer müssen dann erst einmal ruhen, in „Hit Me Down Sonny“ kriegt man harte Beats und ein Gitarrensolo zusammen mit Katies aggressivem Gesang um die Ohren gehauen. Ein Song, den Ting Tings-Fans der ersten Stunde mögen werden. Ebenso „Hang It Up“, eine der ausgekoppelten Singles. Hier zeigt sich nicht nur, dass Katie an der Gitarre besser geworden ist, sondern auch, dass Jules hart an seinem Gesang gearbeitet hat.
Der zickige und aggressive Klang geht bei „Give It Back“ deutlich zurück und den Leadgesang teilen sich die beiden nun. Es ist nach „Silence“ der nächste Track, der sich nach und nach aufbaut – nach und nach werden weitere Instrumentenspuren dazu gemischt und nach dem zweiten ausschweifenden Refrain kriegt man dann erneut die volle Dröhnung Wut um die Ohren. The Ting Tings sagen über das Album und die lange Entstehungszeit, dass sie etwas zu sagen haben. Sie haben definitiv etwas zu sagen, und sie schleudern es dem Hörer gnadenlos entgegen.
Mit „Guggenheim“ kommt der nächste Bruch ins Spiel – alle Instrumente spielen nun in den Strophen eine völlig untergeordnete Rolle, während Katie erzählt – ganz klassisch eine Liebesgeschichte. Im Refrain ist die Wut dann wieder da und gegen Ende des Stücks übertrifft sie alles, was bisher da war. Die Wut ist vielleicht das tragende Element des Albums und natürlich ist, Ting Tings-typisch, jeder Track von einem prägnanten Loop geprägt. Aber durch die vielen verschiedenen Stimmungen und Stile habe ich bei jedem Track wieder einen überraschten Gesichtsausdruck und frage mich, was wohl noch alles kommt, bevor mich auch dieser Track wieder mitreißt und völlig begeistert.
Nachdem man die mitreißende Geschichte von Guggenheim gerade erst verpackt hat, kriegt man schon die Soul-Nummer „Soul Killing“ verpasst. Bläser und Klavier werfen jeden bisherigen Stil über den Haufen. Als treibendes Element dient diesmal das Quietschen eines Bettes und ich stelle mir die Hitze Spaniens vor, in der ein Teil des Albums produziert wurde. Dagegen habe ich bei „One By One“ das Gefühl, alle bei der Produktion in Berlin ausgekramten alten Synthesizer gleichzeitig zu hören. Ab „Day To Day“ ist dann allerdings zumindest gitarrentechnisch Schluss mit elektronisch und die Akustikgitarre kommt als Leadinstrument raus (nicht ohne bei „Help“ nocheinmal von einem Synthi-Solo unterbrochen zu werden). Drei Tracks, die alle die erfreuen werden, die die Akustikversionen der Songs des ersten Albums besonders schön fanden. Und in der Tat kommt Katies schöne Stimme hier besonders zur Geltung. Der reguläre Teil endet schließlich mit dem ruhigsten und schon melancholischen Song „In Your Life“, bei dem dann sogar Streicher ins Spiel kommen.
Die Besitzer der Bonusversion kommen nicht nur in den Genuss eines Doppelcovers (das Album befindet sich bei der signierten Deluxe-Version in einer Pappschachtel, die mit der invertierten Version des Covers und einer umgestalteten Trackliste bedruckt ist), sondern auch in den Genuss neun weiterer Tracks. Sechs Remixes, darunter die bereits früh veröffentlichte Bag Raiders-Version von Silence und der nach Dubstep klingende Inertia-Remix von Hang It Up, dazu die Demo von „Give It Back“ und zwei im regulären Teil nicht enthaltene Songs. Da ist dann auch „Hands“ dabei, der erste Track, den The Ting Tings nach ihrem ersten Album veröffentlicht hatten, und dazu „Ain’t got Shit“, ein bisher gar nicht veröffentlichter Titel.
„Sounds From Nowheresville“ umfasst 10 bzw. 19 Tracks und kommt in einer knallbunten Verpackung mit Textheft. An vielen Stellen finden sich Ergebnisse des „Show Us Yours“-Projektes, auch das Cover ist von einem Fan gestaltet worden. The Ting Tings stehen kurz vor ihrer USA-Tour und sind im Sommer z.B. bei Rock am Ring zu sehen. Bis dahin kann ich jedem empfehlen, mal in das Album reinzuhören – die volle Wertung bekommt es nur deshalb nicht, weil 10 Tracks nach vier Jahren einfach etwas enttäuschend sind, trotz der hohen Qualität.
Tracklist:
- Silence
- Hit Me Down Sonny
- Hang It Up
- Give It Back
- Guggenheim
- Soul Killing
- One By One
- Day To Day
- Help
- In Your Life
- Silence (Back Raiders Remix)
- Hang It Up (Inertia Remix)
- Give It Back (Demo)
- Hang It Up (Abacus & Vargas Predator Remix)
- Hands (Mixed by Calvin Harris)
- Guggenheim (Andy Taylor ‘Got It Right’ Remix)
- Hang It Up (Shook Remix)
- Ain’t Got Shit
- Hang It Up (CKB Remix)
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