Seit Pinks letztem Album „Missundaztood“ ist im Musikbiz kein Stein auf dem anderen geblieben. Scheinbar rotzfrech hat sie die Glitzerwelt des Rosa-Wölkchen-Pop aufgemischt. Ihr neues Album „Try This“ hat ebenfalls einige Überraschungen im Angebot – orientiert sich, nachdem man der Sängerin dabei alle Freiheiten gelassen hat, aber an einem komplett anderen Stil – Pinks Stil eben.
Tracklist:
- Trouble
- God Is A DJ
- Last To Know
- Tonight’s The Night
- Oh My God
- Catch Me While I’m Sleeping
- Waiting For Love
- Save My Life
- Try Too Hard
- Humble Neighbourhood
- Walk Away
- Unwind
- Feel Good Time
- Love Song
- Hidden Track: Hooker
Alicia Moore ist seit ihrer fulminanten Single „Get the Party startet“ auch in Europa berühmt – ihr erstes Album „Can’t Take Me Home“ hat neben 3 Top Ten Singles in den USA auch Platinstatus erreicht. Mit ihrer letzten CD wurde sie schnell als die neue Queen des R’n’B gefeiert – zugegeben, eine rebellische Regentin, aber das passte dem verwöhnten Genre eigentlich ganz gut ins Konzept. Ob Pinks Auftreten nach wie vor echt, oder mittlerweile nur noch eine profitable Masche geworden ist, lassen wir mal dahingestellt, denn das weiß sie nur selbst.
In genau diese Richtung geht sie aber auch mit ihrem neuen Album, dass sich deutlich von der R’n’B Schiene löst und eine Mischung aus Punk, Rock und Pop präsentiert – das zeigt schon die erste Singleauskopplung „Trouble“.
Für ihre neue CD hat sich Pink auch wieder Prominente Unterstützung ins Boot geholt: Linda Perry, die ehemalige Frontfrau der Four Non Blondes und Punker Tim Armstrong von Rancid haben mit ihr die meisten Songs geschrieben und produziert. Auf dem Album gibt es ohnehin nur einen Titel, an dem Pink nicht zumindest mitgeschrieben hat – der heißt „Feel Good Time“, ist aus dem Soundtrack von „Drei Engel für Charlie“ und stammt aus den Federn von William Orbit, Beck Hansen und Jay Ferguson.
Dann war da noch Travis Barker, seines Zeichen Bandmitglied bei Blink 182, der „Unwind“ hinterm Schlagzeug sitzt und Peaches – the hottest Chick ever – die für „Oh my God“ hergehalten hat.
Zu den einzelnen Songs ist vorweg schon mal zu sagen, dass man kaum Hits im Stil von „Just Like A Pill“ oder „Don‘ Let Me Get Me“ finden wird. Mit „God Is A DJ“ könnte man vielleicht noch gewisse Parallelen zu „Get The Party Startet“ ziehen, ansonsten finden sich auf dem Album fast nur Tracks, an die sich Radio und das Musikfernsehen erst gewöhnen müssen – sprich sie sind schwer ins Senderkonzept zu quetschen, selbst für MTVIVA Verhältnisse.
„Trouble“ ist eine Rock-Punk Nummer, und abgesehen von „Feel Good Time“, die Vorab-Single zum Album, womit man schon im Vorfeld bewiesen hat, dass man nicht mit einem simplen „Missundaztood“-Abklatsch rechnen darf. „Humble Neighbourhood“ ist eine lässige Sprechgesang-Nummer, die vor allem durch die stimmlichen und musikalischen Sprünge und dem Refrain profitiert. „Save My Life“ punktet mit einem ausdrucksstarken Text, kann aber musikalisch in diesem bunten „Try This“ Vogelkäfig nicht besonders auf sich aufmerksam machen, somit ist es einer der Titel, die sich vielleicht erst nach mehrmaligem Hören mehr offenbaren.
Bei „Walk Away“ geben sich mehrere Instrumente ein gelungenes Stell-Dich-Ein: Klavier, Orgel, Horn und Saxophon geben dem Track noch mal eine interessante Note. Ohne deren Zutun hätte man den Track sicher als unauffällige Nummer abgestempelt, bevor das punkige „Unwind“ kräftig einheizt: My Life is a fairytale / That nobody believes in / I can’t remember anything / Not the people, not the places I’ve been / Just one more day you can make it, babe / That’s what I tell myself / And everything that I love in life / It is killing me, ‚cause it’s bad for my health …
„Catch Me While I’m Sleeping“ fällt in etwa in die selbe Sparte wie „Waiting For Love“, nicht zuletzt weil beide in Cooperation mit Linda Perry entstanden sind. Der erste der beiden Songs steigert sich in seinem Verlauf von verhalten zu ausdrucksstark: You can catch me while I’m sleepin‘, darlin / While I’m dreamin‘, too / It’s a lonely, lonely, lonely place for me baby / It must get lonely for you, too. „Waiting For Love“ ist ein gefühlszereissender Song, in dem Pink mit kratziger Stimme sowohl bei lauten als auch bei ruhigen Tönen überzeugen kann.
Auch „Try Too Hard“ stammt von den beiden Damen, der Track ist aber ein richtig toller, flotter Rocksong geworden.
Eigentlich gibt es nur eine richtig ruhige Nummer auf dem Album – den letzten Track „Love Song“, den sie zusammen mit Damon Elliott geschrieben hat und der mit Akustikgitarre, sowie einem Streicher einen bewegenden Sound erzeugt: I’ve never written a love song / That didn’t end in tears / Maybe you’ll rewrite my love song / If you can replace my fears …
Ebenfalls von der ruhigeren, von der lüsternen, Sorte ist der Sex-Song „Oh My God“, der sowohl beim Text, als auch bei der Ausführung als verrucht, verführerischer Track absolut gut ankommt: Oh my God, go a little slower / Oh my God, what was that again / La da da, let me feel you baby / Let me in, ‚cause I understand / Let me feel you baby / ‚Cause I understand.
„God Is A DJ“ wird uns wohl als nächste Auskopplung ins Haus stehen, und da winkt man mit einem ohrwurmverdächtigen Popsong, der ein bisschen über das „was wäre, wenn“ sinniert: If God is a DJ / Life is a dance floor / Love is a rythm / You are the music – wo die Sängerin zeigt, dass sie auch singen, und nicht nur ins Mikrophon röhren kann.
„Last To Know“ könnte die dritte Single aus dem Album werden, obwohl sie aus diesem musikalischen Füllhorn auch nicht besonders heraussticht – eine Popnummer in etwas höherer Gangart, ansonsten aber nicht besonders auffällig – da wäre „Tonight’s The Night“ auch eine Option. Unterstützt von einer Orgel ist der unterhaltsame Midtempo-Track schon wegen seines eingehenderen Chorus der sympathischere der beiden Songs: Tonight’s the night, I’ma feel alright / I’gonna hit the scene with my friends / Tonight’s the night, I’ma feel alright / Feel alright again ….
„Feel Good Time“ kennen wir ja schon aus den Score zum zweiten Teil von „Charlies Angels“ als punkangehauchte Funk-Elektro-Nummer, die auf den ersten Blick sicher ein wenige gewöhnungsbedürftig war, nachdem was wir von Frl. Moore bisher so kannten.
Beim Hidden-Track hatte die Sängerin schon auf dem letzten Album kein gutes Händchen – „Catch 22“ hätte sie sich ebenso sparen können, wie „Hooker“ auf dieser CD. Zumindest wird damit offensichtlich, warum auf der Verpackung auf „Strong Language“ aufmerksam gemacht wird – es ist also nicht nötig, diesen Titel aus seinem Versteck zu holen.
Bei der Limited Edition gibt es noch eine DVD, die das Video zu „Trouble“, Interviews mit Pink, Bilder und Songtexte enthält. Die eher mäßige Qualität der DVD macht sich vor allem bei der Menü-Führung bemerkbar. Die Knallrosa Schrift auf Schwarzem Grund ist aus 2m Entfernung nicht mehr besonders gut zu lesen.
Fazit: Auf den ersten Blick wird es nicht so einfach sein mit „Try This“ ähnlich viele Käufer wie bei den letzten Album zu locken, denn anders und gewöhnungsbedürftig ist es ja auf jeden Fall. Jeder, der trotzdem den Mut findet sich auf dieses Album einzulassen wird mit charakterstarker und abwechslungsreicher Musik belohnt, wie sie in diesem Stil in den letzten Jahren spärlich gesät war.
Spaß macht es auf jeden Fall!