„Les chansons neurotiques“ lautet der Name des neuen Neuroticfishalbums. Und dies ist gewiss nichts für schwache Nerven, sei es nun vom musikalischen Aspekt aus betrachtet oder dem Textlichen.
Mastermind Sasha Mario Klein machte sich nach „No Instruments“ auf den Weg in sich selbst und hielt die Eindrücke in aussagekräftigen Melodien, Beats und Texten, insgesamt 12 neurotischen Liedern fest, jedes für sich eine Reflektion einer düster – melancholischen Stimmung, hervorgerufen durch inner Zerrissenheit, die ihre Personifikation in „Need“ fand.
Sasha beschreibt es so: „Ich hatte während der Produktion mit sehr vielen inneren Widersprüchen zu kämpfen, einerseits eingängige Melodien und Beats zu schreiben, andererseits das Verlangen nicht die gängigen Klischees zu bedienen. Mir war irgendwann klar, dass dies nicht von einer Person allein bewältigt werden konnte – So erschuf ich Need.“
„Need“ ist somit zum Begleiter Sashas geworden und ihm sind sicherlich diese oft traurigen, sehnsuchtsvollen, verzweifelten Elemente zuzuschreiben, die sich sehr oft in kraftvollen Rhythmussektionen entladen, ihren Weg nicht zu Sashas Gesang gefunden haben, sich dafür aber um so spektakulärer in den Beats widerspiegelt und die Songs innerlich vorantreibt, aufputscht, vom Future-Pop wegführt und sich harter Technoelemente bedient, ebenso wie fast schon hypnotisierender Hintergrundmelodien.
Tracklist
- Startup
- Reinvent the pain
- Waste
- Prostitute
- Wake me up
- Modulator
- Breakdown
- Darkness / Influence
- Stop & Go
- It’s not me
- Inverse
- Need
- Bonus: Velocity N2
Gestartet wird die neurotische Reise mit „Reinvent the Pain“, ein nicht gerade aufbauender Liedtitel, der einen in Zügen erkennen lässt, was für eine schwere Zeit es für Sasha gewesen sein muss. Nirgendwo sonst treffen die beiden liedbestimmenden Charaktere so deutlich aufeinander, nirgendwo sonst ist der Unterschied zwischen Ruhe, Hoffnung, Anspannung und letztendlicher Endladung so extrem, kaum ehrlicher, kaum wirkungsvoller.
Auch „Waste“, „Prostitute“, „Wake me up“ und „Modulator“ führen diese Art der Songgestaltung weiter. Nachdenkliche Texte, die sich mit der eigenen Entwicklung und Zukunft beschäftigen kämpfen gegen die laute und kräftige Stimme von „Need“. Möchte man so sein wie alle sind? Möchte man nicht lieber seinen eigenen Weg gehen? Sich selbst finden? Sich von vorgegebenen Dogmen lösen? Nicht mehr manipuliert werden?
Doch danach folgt ein Wechsel der gesamten Stimmung. Mit „Breakdown“ wird ein Weg weg von Härte eingeschlagen und Rückhalt in der Melancholie und Besinnlichkeit gesucht, der mich ein bisschen an die Songgestaltung von Projekt Pitchfork erinnert.
„Darkness/Influence“, „Stop & Go“, „It’s not me“ und „Inverse“ übernehmen das Ruhige und nähern die Songs wieder dem Future-Pop an.
Mit „Need“ endet die Reise von „Les chansons neurotiques“ genauso kraftvoll und dominant wie sie mit „Reinvent the Pain“ begann.
Sasha hat ein fantastische Album geschaffen, was facettenreicher und eingängiger nicht hätte sein können. Jeder einzelne Song lässt den Hörer in seine inner Welt eintauchen und wenn man sich darauf einlässt wird man feststellen, dass auch in einem selbst eine innere Stimme in wie „Need“ spricht, die gehört werden möchte.