Sag doch mal, kauft Ihr eigentlich noch Musik?“ – Diese Frage bekommt man oft gestellt, wenn man sich professionell mit Musik beschäftigt. Das Team von venue music gehört auch oft genug zu den Adressaten dieser Frage und in dieser Reihe beantworten wir diese. Aber wir reichen die Frage natürlich auch gerne weiter, heute hat uns Carsten „Keule“ Collenbusch die Frage beantwortet. Keule ist selbst Musiker, macht das BluMasterBox-Studio, The Finest Noise (Mailorder, Label und Promotionagentur) und er ist Herausgeber des Noisy Neighbours.
Ich zahle sie nicht gerne, meine Rundfunkgebühren, ich glaube nämlich nicht im Geringsten daran, dass die, die ich dadurch unterstütze, „politisch neutral“ beziehungsweise „überparteilich“ sind. Das routinemässige Parteiengezänk um die Besetzung irgendwelcher Chefredakteursposten scheint meine Zweifel zu bestätigen. Abgesehen davon finde ich die ständige Berieselung mit den Charts Top-Ten und das damit einhergehende Mobbing wirklich guter Musik mehr und mehr unerträglich. Aber auf „WDR 5“ gibt es das „Zeitzeichen“, und dafür würde ich glatt freiwillig ein paar Cent im Monat locker machen; ich – wie sagt man? – „podcaste“ die Teile immer auf meinen MP3-Player, damit es mit beim Joggen nicht zu langweilig wird. Und neulich fühlte ich mich durch ein solches „Zeitzeichen“ doch tatsächlich dazu animiert, einmal wieder etwas zu tun, was ich seit langem nicht mehr getan habe – eine CD zu kaufen: „Albert Mangelsdorff – Tension!“(*).
Jetzt würde ich mich, was den Jazz betrifft, nicht wirklich als „Fachmann“ bezeichnen. Ok, die Veröffentlichungen der üblichen Verdächtigen wie John Coltrane, Chat Baker oder Miles Davis finden sich natürlich auch in meinem Plattenschrank, und ich würde mich sogar als „Fan“ von Dave Brubeck bezeichnen, aber zum Freak-Status reicht es bei mir einfach nicht. So wusste ich von Albert Mangelsdorff eigentlich auch nur soviel, dass er Posaune spielt, also auch eher ein Instrument, welches nicht gerade zu den „Top-Five“ der echten „Poser“ zählt. Sei’s drum, das „Zeitzeichen“ zu seinen Ehren war mehr als gut gemacht, der Mann am Mikro hatte mir in knapp 15 Minuten den Mund wässrig gemacht und so viel Interesse geweckt, dass ich nur einen Tag später in den nächst besten Plattenshop gelaufen bin, um mir oben genannte „Tension!“ zu besorgen. Groovt wie Hölle, auch Drummer Ralph Hübner ist einer der besten seines Fachs und nicht umsonst genoss diese deutsche Jazztruppe in den Sechzigern hohes Ansehen. Mangelsdorff hat, by the way, eine äußert innovative Spieltechnik entwickelt: er bläst nicht nur in sein Instrument, er singt gleichzeitig hinein, wodurch ein unverwechselbarer Sound entsteht – selbst ich würde einen Mangelsdorff heute sofort erkennen, na ja, glaube ich zumindest…
Knapp 45 Minuten Musik sind auf dieser Aufnahme aus dem Jahre 1963, und ich weiß nicht mal, was jetzt die „echten Jazzer“ sagen würden – ist das nun eines seiner besseren Werk oder eben nur eines unter vielen? Egal – Mir jedenfalls hat Albert Mangelsdorff es allemal angetan, und vielleicht sind GEZ-Gebühren ab und an doch gar nicht so schlecht…