Es ist schon ein recht seltsames Gefühl über eine Band zu schreiben, deren Musik ich höre, seit ich irgendwie mit der Pop-Schublade in Berührung gekommen bin: Als pickliger Teenager, der gerade anfängt, seinen eigenen Musikgeschmack zu entwickeln und nach und nach die Lieder, die Mutti immer gehört hat abzuschütteln. Ich kann mich jedenfalls noch erinnern als ich Anfang 1992 nach einer fiesen Zahn-OP die Debüt-Scheibe der Prinzen mit dem passenden Titel „Das Leben ist grausam“ geschenkt bekam. Knappe 20 Jahre ist das nun schon her – meine Wunden sind lange verheilt – und die Leipziger Jungs feiern nun 2011 stolz ihr 20jähriges Jubiläum.
20 erfolgreiche Jahre mit einigen Höhen und Tiefen die zu jeder Bandkarriere dazu gehören. Die Prinzen wurden mit einigen Preisen ausgezeichnet (Echo, Goldene Stimmgabel etc.) und tourten mit Udo Lindenberg, der die Karriere damals nochmal ein Stück ankurbeln konnte. Besonderer Dank gilt der langjährigen Co-Autorin und Produzentin Annette Humpe, die aktuell mit „Ich & Ich“ Erfolge feiern kann und von Sebastian Krumbiegel liebevoll auch als „Geschmackspolizei“ bezeichnet wurde. Es ist der unverwechselbare A-cappella Gesang, der vor allem in der Anfangszeit das gewisse Etwas der Band war. Denn immerhin können die Herren eine anständige Gesangsausbildung im bekannten Thomaner- und Dresdner Kreuzchor vorweisen – und wer kann das heutzutage schon?
Nach dem 1992 erschienenen Hit-Album „Küssen verboten“ folgten die Alben „Alles nur geklaut“ (1993), „Schweine“ (1995) und „Alles mit’m Mund“ (1996) bei dem auch Stefan Raab mitwirken durfte. Ein Hit jagt den anderen und zwischen 1992 und 1997 bleibt den Bandmitgliedern kaum Zeit zum Luft holen. Deswegen legten die Prinzen 1998 eine kreative Pause ohne Konzerte ein, um 1999 das nächste Album „So viel Spaß für wenig Geld“ zu veröffentlichen. Mittlerweile haben Henri Schmidt und Mathias Dietrich auch das Management übernommen und Ali Zieme kümmert sich um den Internetauftritt. Wolfgang Lenk schreibt nach wie vor die meisten Arrangements und Gesangssätze. Jens ist die gute Seele, die alles zusammenhält und Tobias Künzel und Sebastian Krumbiegel singen nach wie vor die Leadvocals der meisten Songs und geben die charismatischen Frontmänner. 2001 erschien das Album „D“, dann „Monarchie in Germany“ (2003) und „Die neuen Männer“ (2008).
Ich persönlich hatte aufgrund dem Prinzen-Konzertmangel in meiner Umgebung und der plötzlichen Zuneigung zur härteren Musik bereits 1998 den musikalischen roten Faden verloren, bezeichne mich seitdem auch nicht mehr als Fan, habe die Band aber nie ganz aus den Augen verloren (haben alle CDs gekauft) und finde nach wie vor klasse, wie die Band alltägliche Begebenheiten, menschliche Schwächen, Liebe oder auch Humor in harmonische Melodien verpacken und zu tollen Pop-Rock-Songs verarbeiten. Aber nicht immer war es nur die Pop-Schublade, die geöffnet wurde. Immer öfter kamen Beats, fette Gitarren und funkigen Grooves hinzu, die den mehrstimmigen Gesang unterstützen. Und das kommt nach wie vor gut an. Ihr aktuelles Jubiläumsalbum „Es war nicht alles schlecht“ enthält alte Hits, die in ein neues, deutlich aufwendiger arrangiertes moderneres Soundgewand gesteckt wurden und sogar vier neue Songs. „Es war nicht alles schlecht“ erinnert an die Jugendzeit, die bei dem ein oder anderen mal mehr oder weniger turbulent oder spannend war. Bei „Wir halten durch“ drehten die Produzenten der Baseballs an den Knöpfen und das ist auch deutlich zu erkennen – mein absoluter Favorit unter den neuen Songs. „Gabi und Klaus 2.0“ erzählt, was aus Gabi und Klaus in all den Jahren geworden ist – eine Fortsetzung also – und „Schöne neue Welt“ erinnert an die apokalyptische Zukunftsvision von Aldous Huxley. Alle Songs sind trotz neuer Arrangements und Klänge typische Prinzen-Stücke geblieben. Der Spagat ist gelungen: Weiterentwicklung auf der einen, Beständigkeit auf der anderen Seite. Reifer, aber trotzdem immer noch jugendlich und authentisch.
Tracklist:
- Gabi und Klaus (2011)
- Millionär (2011)
- Mann im Mond (2011)
- Mein Fahrrad (2011)
- Küssen verboten (2011)
- Bombe (2011)
- Vergammelte Speisen (2011)
- Alles nur geklaut (2011)
- Überall (2011)
- Du musst ein Schwein sein (2011)
- Alles mit’m Mund
- Audi Victoria
- So viel Spaß für wenig Geld (2011)
- Hasso
- Jim Knopf (2011)
- Deutschland
- Ich schenk dir die Welt (2011)
- Frauen sind die neuen Männer
- Nie wieder Liebeslieder
- Es war nicht alles schlecht (neu)
- Wir halten durch (neu)
- Schöne neue Welt (neu)
- Gabi und Klaus 2.0 (neu)