„Sag doch mal, kauft Ihr eigentlich noch Musik?“ – Diese Frage bekommt man oft gestellt, wenn man sich professionell mit Musik beschäftigt. Das Team von venue music gehört auch oft genug zu den Adressaten dieser Frage und in dieser Reihe beantworten wir diese. Letzte Woche erzählte Slick von seinen Musik-Einkäufen, in dieser Woche erfahren wir von Inishmore, was bei ihm so auf dem Einkaufszettel steht bzw. stand…
Ja, früher stand auch ich stundenlang hoch konzentriert im Plattenladen (Phonac, unterhalb vom Karstadt in Saarbrücken), griffelte an Vinylscheiben herum, hielt die Dinger auf der Suche nach Kratzern ins schummerige Licht und grinste mitleidig bis herablassend alle Leute an, die nicht in der Hard & Heavy-Abteilung herumkramten. Heute hingegen höre ich dank Grooveshark oder schlimmstenfalls YouTube in alles rein. Danach heißt es wahlweise downloadiges Rosinenpicking oder Gesamtkaufing, je nach der Anzahl der Songs, die mir direkt im Ohr hängenbleiben. Und sollte mich die Vinylnostalgie doch wieder übermannen, gehe ich halt zu meinem Plattenschrank und schnüffele am kuscheligen Ledereinband der Motörhead „No Remorse“-Sonderedition.
Spiritual Beggars – Return to Zero(*)
Eigentlich ein klarer Fall für die kratzerbedingt aus der Rille springende Plattennadel, denn die Spiritual Beggars aus Schweden hören sich an wie direkt aus den haarigsten 70er-Jahren in die Gegenwart gebeamt. Dazu mischen sie eine dicke Portion der frühen Black Sabbath und Deep Purple zusammen, rühren die Asche von Jimi Hendrix und Kyuss dazu, schmecken das Ganze mit allerfeinstem Hammondgeorgele ab, erhitzen das Gebräu im Steinkessel der Marke Heavyrock und schmieren das Resultat blutjungen Flowerpower-Girlies ins Haar. Ich mag das Nebenprojekt von Arch Enemy-Riffer Michael Amott schon seit seinem ’98er Output MantraI III. Der mittlerweile dritte Sänger mit dem Namen Apollo Papathanasio hört sich zudem stellenweise wie der junge David Coverdale an, wenn man ihn mit seiner weißen Schlange zu lange alleine lässt. Passt.
Young Rebel Set – Young Rebel Set(*)
Großartige Bands müssen keine CD mit 10 Songs vollmachen; es genügt oft einfach eine EP oder eine digitale Single, das werden Carsten und Andrea sicherlich bestätigen können. Auch Young Rebel Set aus dem britischen Stockton-on-Tees hatten bisher die Angewohnheit, nur Singles zu veröffentlichen, nun gibt es allerdings eine 8 Tracks umfassende Kompilation ihrer Songs als Download bzw. Vinyl-LP. Musikalisch wird feinster Folk Brit Rock mit Einflüssen diverser Country-, Rock- und Punk-Heroen geboten: da gibt Johnny Cash schon mal den Takt vor, Bruce Springsteen haut in die Saiten, irgendwo in einer Ecke nölt Bob Dylan kurz über die Mundharmonika, während The Clash und The Pogues entspannt mit einem Pint in der Hand und drei im Kopf die Füße zum Rhythmus schlackern lassen. Ich hatte bisher nur die Single mit dem Indie-Hit „If I Was“, die mich schon so überzeugen konnte, dass ich direkt bei dieser EP zugeschlagen habe. Neben den fantastischen Mumford & Sons derzeit meine liebste Folktruppe. Auch weil beide gerne mal ein „fuck“ in ihre Songs einschmuggeln.
Zum Schluss die Rosinenpick-Abteilung:
Achtung, Achtung! Rockmusik-Kritiker, die etwas auf sich halten und zur hipp-elitären Szene gehören wollen, dürfen Bands, die eine gewisse Bekanntheit bzw. Erfolg erreicht haben, keinesfalls mehr gut finden.
Natürlich hat mich dieses Rundschreiben wie üblich nicht erreicht, weshalb ich Disturbed und The Killers weiterhin die Treue halte. Disturbed alleine schon wegen Sänger David Draiman und seinem Gesangsstil. Besonders sein herzhaftes „RRROOAR“, das ich nur hinkriege, wenn mir ein fest sitzender Schleimpfropf in der Kehle sitzt, hat es mir angetan. Ansonsten bietet „Asylum“ die bekannte Mischung, die im Gegensatz zu etwa „Ten Thousand Fists“ allerdings ein paar Leerläufer aufweist. Songs wie der Titeltrack, „Never Again“, „Crucified“ oder „Another Way To Die“ werden mich aber noch lange auf meiner Playlist erfreuen. Die Coverversion von U2s „I Still Haven’t Found What I’m Looking For“ wird es dorthin allerdings nicht schaffen.
Das erste Soloalbum des Killers-Sängers Brandon Flowers hat ebenfalls großartige Momente, im Gegenzug allerdings auch ein paar Nummern, bei denen man ein „Junge, nee, komm, lass stecken oder pack es halt auf die B-Seite der dritten Single für Japan“ ausrufen möchte. Ich mag die Stimme, ich mag die Stimmung der Songs und die ersten vier Tracks gehen auch wunderbar rein. Danach noch die Single „Crossfire“, das countrygeschwängerte „The Clock Was Tickin’“ und fertig ist mein diesjähriger Besuch in Las Vegas.