Cover: 3 Inches Of Blood - Long Live Heavy Metal

3 Inches Of Blood – Long Live Heavy Metal

Cover: 3 Inches Of Blood - Long Live Heavy MetalWillkommen zu einer weiteren Ausgabe von „Lyrik im Zwiegespräch“, heute mit Dr. hoer. au. Inignatius Inishmore, der sich unseren kritischen Fragen zur Hörspielplatte „Long Live Heavy Metal“ von 3 Inches of Blood stellen wird.

„Lang lebe schweres Metall“ – ein nur auf den ersten Blick tiefgründiger Titel. Denn: Ist Schwermetall nicht von vorneherein langlebig? Und weshalb sollte es noch länger leben als so schon?

Eine sehr gewitzte Frage zum Einstieg. Dazu habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich höre den Kram nur und fand ihn insgesamt hübsch altmodisch und geil. Metallmusik frisch aus den 80er Jahren importiert, knackig im Sound und sehr fein eingekreischt. Oder heißt es eingekrischen?

5 langhaarige, erwachsene und größtenteils wohlbebartete Männer aus Kanada. Einer von ihnen jedoch schreit wie ein bockiges Kleinkind, ja scheint sich selbst zu berauschen am tobenden Krach seiner Mitstreiter. Das gemahnt an Oskar Matzerath aus der Blechtrommel von Günter Grass. Erleben wir hier eine musikalische Neu-Interpretation des Grass’schen Werkes? Oder gar eine Reaktion auf dessen vieldiskutiertes Gedicht „Was gesagt werden muss“? Eine Metapher etwa einerseits auf den wilden, ungezügelten Drang Israels zum Angriff auf Irans Atomprogramm und andererseits auf den ebenfalls oftmals bärtigen Muselmanen, der ja doch eher selten die elektrische Gitarre zupft, um seinen Unmut kundzutun?

Das ist, mit Verlaub, alles ganz großer Kappes. 3 Inches of Blood sehen sich eher in der Tradition religionskritischer Priester bzw. eiserner Jungfrauen und beten dunkle Gestalten wie den Leather Lord (ein anscheinend enger Verwandter des Painkillers) oder den Dark Messenger an. Ich möchte an dieser Stelle drei einprägsame Stellen zitieren, die mich auch im Nachhinein berührt und nachdenklich gestimmt haben:

Wearing the hides of the traitors he kills / Skinning them alive /
Tanning and crusting and dyeing their flesh / Amplifies his sex drive
Leather Lord

Dark messenger, speaks words of evil
Dark messenger, speaks of your death
Dark messenger brings no salvation
Dark messenger brings only pain

You heard the message, wait in anguish for the end
Best take your own life before the devil eats your flesh
There’s no defense against the slaughter of mankind
Behold the dawning of the ruler of the world
Dark Messenger

Die! Die! Die! Die! Die! Die!
Die For Gold (Upon The Boiling Sea IV)

Letztendlich geht es also doch wieder nur ums Ficken und Sterben, zwei der bekanntesten Themen in diesem musikalischen Bereich. Beliebt auch in den Varianten Sterben vor der Apokalypse oder Ficken vor der Apokalypse. Ein bisschen Gekämpfe dazwischen wird ebenfalls gerne textlich eingeflochten, damit es nicht zu langweilig wird. Weitere lyrische Schwerpunkte sind: geile Weiber (Metal Woman), Rachegemetzel (My Sword Will Not Sleep), Weltkrieg (Storming Juno), Ronnie James Dio (Look Out) und seltsamerweise auch Eishockey (Leave It On The Ice).

Man könnte also sagen: Moderne Lyrik voller Kraft und Macht, die jedoch auch auf archaische Gewaltherrschaftsmuster zurückgreift? Wie etwa in My Sword Will Not Sleep, wo es heißt: „I will have my revenge / You’ll die by my hand / Until I have your head / My sword will not sleep“?

Das auch. Bei diesem textlichen Erguss haben die Racker wahrscheinlich gerade eine Folge von „Game Of Thrones“ geschaut. Geht mir auch so, wenn ich an den Joffrey denke, diesen kleinen königlichen Bastardrotzlöffel. Wenn der mein wäre, da hieße es schon morgens direkt übers Knie legen und durchgehend den Arsch versohlen bis Sonnenuntergang.
Aber ich schweife ab.
Vor allem sind die Lyrics wunderbar weghörbar. Geht meinem geschulten Ohr hier rein und da raus. Die Musik hingegen ist richtig oldschool super, so new-wave-of-british-heavy-metalig, dass sich es sonst keiner mehr traut. Wer mehr über den Sound erfahren möchte, der lese mein Review zum Vorgängeralbum „Here Waits Thy Doom“. Oder lausche dem galoppierenden Kracher „Dark Messenger“ weiter unten.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Ich mir auch.

Die Rezension gibt es auch im Weblog von Inishmore zu lesen.

3 Inches Of Blood: 
Long Live Heavy Metal
Unsere Wertung: 100%
Long Live Heavy Metal 
wurde am 23. März 2012 
über Century Media (EMI) 
veröffentlicht.
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